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Anschlag im Arbeitsamt: "Ich wollte nur ins Gefängnis"

"Ich sah keinen anderen Weg mehr“: Der soziale Abstieg verlief in Etappen und endete im Gefängnis. Die letzte Station hat Ralph N. allerdings bewusst herausgefordert.

Der soziale Abstieg verlief in Etappen und endete im Gefängnis. Die letzte Station hat Ralph N. allerdings bewusst herausgefordert. „Ich sah keinen anderen Weg mehr“, sagte er gestern vor dem Amtsgericht Tiergarten. Er hatte in der Arbeitsagentur Nord in Prenzlauer Berg Brennspiritus verschüttet und angezündet, um auf seine Situation aufmerksam zu machen. „Ich wollte niemanden verletzen, ich wollte nur ins Gefängnis.“

Mit einem gefüllten Fünf-Liter-Kanister in einem Stoffbeutel hatte er am 20. Februar das Gebäude betreten. Der arbeitslose Maschinist war dort schon als schwierig bekannt. Zwei Wochen zuvor hatte er einen Monitor vom Tisch gefegt. Dann steuerte er wieder das fragliche Büro an. Wortlos verteilte er die Flüssigkeit. Eine Sachbearbeiterin sprang entsetzt auf und brachte sich in Sicherheit. Ralph N. ließ sich nicht beirren. Flammen, Hitze und Rauch zogen den Raum und die Geräte stark in Mitleidenschaft.

Kurz nach der Aktion wurde der 41-jährige N. festgenommen. Fünf Monate im Gefängnis lagen hinter ihm, als der Mann – bislang ohne Vorstrafen – vor Gericht erklären sollte, wie es so weit kommen konnte. „Die waren dafür verantwortlich, dass ich auf der Straße lag“, sagte er. Er habe aus Verärgerung über eine ihm missliebige Auskunft gehandelt, hielt die Anklage dagegen.

Ralph N., ein lediger Mann ohne Freundeskreis, hatte fünf Jahre im Bildröhrenwerk von Samsung gearbeitet. Nach der Schließung des Betriebes kam er in eine Auffanggesellschaft. Sein Einkommen sank auf knapp 1000 Euro. Nach Zahlung der Miete und der Rate für einen Kredit blieben ihm 200 Euro. „Davon konnte ich nicht leben“, erklärte N. Als er keine preiswertere Wohnung fand, habe er Wohnung und Job gekündigt.

Anschließend hoffte N. auf das Arbeitslosengeld. Aber die fehlende Meldeadresse führte zum Streit auf dem Arbeitsamt, der aus Sicht des Angeklagten das Fass zum Überlaufen brachte. Inzwischen hat er mithilfe seines Verteidigers eine Bleibe gefunden. Auch mit einem Betreuer für wirtschaftliche Belange ist er einverstanden. Das Urteil: zwei Jahre Haft auf Bewährung. K. G.

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