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Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Eine neue Dusche für mehr als 200 Flüchtlinge

Immer mehr Flüchtlinge beziehen Quartier in der provisorischen Unterkunft in der Gerhart-Hauptmann-Schule - die hygienische Situation spitzt sich zu. Am Dienstag installiert das Diakonische Werk eine Dusche - am Freitag sollen Gespräche über die Zukunft der Schule geführt werden.

Kaputte Fensterscheiben, herausgerissene Türen, verstopfte Sanitäranlagen. Es gibt sicher schönere Orte zum Leben als die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule. Trotzdem kommen nach wie vor neue Flüchtlinge in der Schule unter: Kriegsflüchtlinge aus Syrien, Roma aus Südosteuropa, Zentralafrikaner.

Seit letztem Dezember befindet sich in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule an der Ecke Ohlauer Straße/Reichenberger Straße eine provisorische Unterkunft für Flüchtlinge. Damals wurde das leer stehende Gebäude aus Protest gegen die Asylpolitik der Bundesregierung von etwa 40 Personen besetzt. Aus dem einstigen Provisorium ist mit der Duldung des Bezirksamts eine dauerhafte Einrichtung geworden, die nun schon ein Dreivierteljahr besteht. Anwohner, Bezirksamt und kirchliche Einrichtungen arbeiten zusammen, um die Versorgung der Flüchtlinge mit dem Nötigsten sicherzustellen und die hygienische Situation vor Ort zu verbessern. Trotz der schwierigen Lebensumstände: Die Schule zieht immer mehr Flüchtlinge an. Die Zahl der Flüchtlinge in der Schule wächst, mehr als 200 Menschen suchen mittlerweile in dem Gebäude Zuflucht.

Nach Angaben der Initiative "asylstrike berlin" sind alle 24 Klassenzimmer der Schule belegt, auch in der Aula sind Menschen einquartiert. Bis zu 15 Personen teilen sich einen Raum - auch Familien mit kleinen Kindern leben in der Schule. Wie viele Menschen genau in der Schule untergekommen sind, weiß nach wie vor niemand so genau. Kreuzbergs Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) schätzt die Zahl der Flüchtlinge auf 200 bis 250. Viele verlassen die Unterkunft nach einiger Zeit, dafür ziehen neue Menschen ein: die Fluktuation ist groß, und Neuankömmlinge werden nicht registriert. Aber alle müssen auf Toilette, brauchen Elektrizität und Wärme - und das wird zum Problem: Denn die alten Leitungen sind der Dauerbelastung nicht gewachsen.

Evelyn Gülzow, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Stadtmitte, machte sich persönlich einen Eindruck von der Lage vor Ort. "Wir waren vor einigen Wochen auf einer Begehung in der Schule, um herauszufinden, wie wir helfen können." Anschließend war sie sicher: Praktische Hilfe vor Ort ist dringend nötig. Besonders die hygienische Situation sei von den Flüchtlingen bemängelt worden, sagt Gülzow. "Deshalb haben wir uns entschlossen, eine Dusche zu installieren". Es wird die erste funktionierende Dusche in der Schule sein - bisher wuschen sich die Flüchtlinge an den Waschbecken auf den Schultoiletten.

Auch sonst sind die Flüchtlinge auf Hilfe von außen angewiesen: Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg kommt für die Kosten für Wasser, Strom, Heizung und Müllabfuhr auf. Anwohner aus dem Kiez bringen ausrangierte Möbel und Kleiderspenden vorbei, die Lebensmittel kommen von der Berliner Tafel. Einmal in der Woche holen die Unterstützer einen Transporter mit mehr als hundert Kilogramm Nahrung bei der Berliner Tafel ab. Von den geschenkten Lebensmitteln wird einmal am Tag, meist nachmittags, in der Gemeinschaftsküche warm gekocht: Vor allem Eintöpfe, Reis und Gemüse, dazu gibt es Salat, Tee und Kaffee. Fleisch gibt es hingegen nur selten: Das ist ein Luxus, den sich hier niemand leisten kann.

"Der Bezirk unterstützt uns, wir arbeiten sowohl mit Franz Schulz als auch mit der neuen Bürgermeisterin Monika Herrmann gut zusammen", sagt eine Unterstützerin von der Initiative "asylstrike berlin". Viele Bewohner sprechen wenig bis gar kein Deutsch - da helfe der Austausch mit den Nachbarn. "Das wichtigste ist, dass die Isolation der Flüchtlinge durchbrochen wird, dass sie mit den Anwohnern in Kontakt treten", sagt die Unterstützerin, "eigentlich kann gar nicht genug gespendet werden." Besonders an Haushaltsgegenständen, warmer Kleidung für den Winter und Elektrogeräten mangele nach wie vor - und auch an Spielsachen für die Kinder.

Auch wenn die von den Besetzern zum "Refugee Strike House" umgetaufte Schule vom Bezirk geduldet wird - für das Bezirksamt kann die derzeitige Situation kein dauerhafter Zustand sein. "Die Lage in der Schule ist bestenfalls in absoluten Notsituationen erträglich", sagt Stadtrat Panhoff. Deshalb wurden für den Freitag Gespräche zwischen dem Bezirksamt, den Eigentümern der Schule und Flüchtlingsvertretern anberaumt. Die Gespräche sollen der Einstieg in weiterführende Verhandlungen über die langfristige Zukunft der Schule und der Flüchtlinge sein."Wir wollen nicht gegen, sondern mit den Bewohnern des Hauses verhandeln", sagt Stadtrat Panhoff.

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