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Car-Jacking: Frau entführt und in Brandenburger Wald ausgesetzt

Maskierte Täter entführten am Dienstagabend eine 52-Jährige in Stuhr bei Bremen. In einem Waldstück bei Hohen Neuendorf setzten sie das Opfer gefesselt aus und flüchteten mit dem geraubten Mercedes über die Grenze nach Polen.

Mehr als sechs Stunden war sie in der Gewalt von Entführern: Die Odyssee, die in dem niedersächsischen Ort Stuhr bei Bremen begann, endete  für eine 52-Jährige in einem Waldstück in Bergfelde im Landkreis Oberhavel. „Man kann von Glück sprechen, dass das Opfer bis auf einen Schock körperlich unverletzt geblieben ist“, sagte ein Ermittler gestern. Die Entführer, vier bis fünf maskierte Männer, sind noch flüchtig.

Die Familie der Entführten betreibt einen bekannten Reifenhandel in Stuhr

Nach Tagesspiegel-Informationen soll es sich um Osteuropäer handeln, die es bei der sogenannten Car-Jacking Aktion auf den Mercedes ML des Opfers, einem hochwertigen Geländewagen, abgesehen haben. Das Opfer, Birgit H., ist in ihrem Heimatort Stuhr keine Unbekannte: Die Familie, die dort einen großen Reifenhandel betreibt, gilt als wohlhabend.

Das räuberische Entführungsdrama begann am Dienstagabend um kurz nach 23 Uhr. Bei der Polizei im für die Gemeinde  Stuhr zuständigen Kommissariat in Weyhe meldete sich ein Mann und berichtete, er habe laute Schreie gehört und das Auto seiner Nachbarin erkannt. Wie sich herausstellte, war Birgit H. offenbar auf dem Weg zu ihrem Reihenhaus in ihrer Straße von den Kriminellen abgefangen und in das Auto der maskierten Täter gezerrt worden. Um was für ein Fahrzeug es sich handelte, ist laut Polizei noch unklar. Die Entführer teilten sich offenbar auf und fuhren mit dem Opfer im Täterfahrzeug sowie mit dem geraubten Mercedes ML (Wert circa 100 000 Euro) über die Autobahn A1 Richtung Berlin.

Eine Großfahndung wurde eingeleitet, eine Sonderkommission gegründet

Da Birgit H. – Mutter zweiter Kinder – zu Hause nicht erreichbar war und aufgrund dessen, was der Nachbar beobachtet hat, ein Verbrechen nicht auszuschließen war, leitete die Polizei sofort eine Großfahndung ein. Die niedersächsische Polizei gründete eine Art Sonderkommission. Währenddessen fuhren die Räuber mehrere Stunden lang mit dem Opfer in Richtung Berlin. Um kurz vor sechs Uhr früh dann ließen die Täter die Entführte nahe der A10 zwischen Birkenwerder und Mühlenbeck frei. Im Waldstück Heideplan in Bergfelde wurde Birgit H. an Händen und Füßen gefesselt an einem Baum abgesetzt. Den Täter sollen laut Polizei bei der Grenzkontrolle am Übergang Pommellen die Flucht nach Polen geglückt sein.

Das Opfer wurde gefesselt in einem Waldstück im Landkreis Oberhavel ausgesetzt

Birgit H. schaffte es offenbar trotz Erschöpfung, ihre Fesseln zu lockern und machte sich zu Fuß auf, um aus dem Waldstück zu gelangen. Dort entdeckte eine Autofahrerin von Weitem die gefesselte Frau und rief per Handy sofort die Polizei. „Anschließend ging die Frau zu der Gefesselten und kümmerte sich um sie“, sagte ein Ermittler. Die Polizei rückte sofort mit mehreren Spürhunden und etlichen Beamten zum Fundort aus. Das Opfer wurde zur Wache mitgenommen, ärztlich begutachtet und von einem Notfallseelsorger betreut, sagte ein Ermittler. Die Frau konnte erste Aussagen machen und sich telefonisch bei ihrer Familie in Stuhr melden, „doch da sie sehr mitgenommen war, wurde auf eine weitere Befragung erst einmal verzichtet“, sagte ein Ermittler. Der Ehemann war am Mittwoch nicht zu erreichen. Er sei auf dem Weg nach Brandenburg, um seine Frau abzuholen, sagte ein Angestellter des Reifenhandels in Stuhr.

Die Fahnder rückten mit Spürhunden an, um nach Beweismitteln zu suchen

Die Fahnder versuchten indes, Beweismittel am Fundort zu sichern. „Reifenspuren, möglicherweise weggeworfene Zigaretten, alles kann wichtig sein, um die Fährte zu den Tätern aufzunehmen“, sagt ein Ermittler. Doch bislang wissen die Fahnder aus der Befragung des Opfers nur, dass es sich möglicherweise um Osteuropäer handelt. Die Entführte selbst habe immer nur zu einem der Räuber Kontakt gehabt, und dieser habe mit ihr Deutsch gesprochen.

Dass organisierte, kriminelle Banden hochwertige Fahrzeuge über die Grenze nach Polen verschieben, sei bekannt, sagte ein Ermittler. Doch ein derartiger Fall von räuberischer Erpressung, oder eben Car-Jacking, wie es heute heißt, sei „einzigartig im Land Brandenburg“, sagte er. Normalerweise würden die Täter versuchen die Wegfahrsperren der Luxusautos zu knacken oder stehlen die Autoschlüssel und entwenden die Fahrzeuge dann.

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