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Von der Polizei gesucht: Horst Richard Prokopowicz aus Wedding.

© dapd

Fahndung wegen Brandstiftung: Brief eines Verzweifelten

Der wegen Brandstiftung von der Berliner Polizei gesuchte Horst Richard Prokopowicz hat einen Brief an den Journalisten Hans-Ulrich Jörges geschrieben.

Von Sandra Dassler

„Das ist der Hilferuf eines Menschen, der an Selbstmord denkt, das ist Verzweiflung pur“, sagt Hans-Ulrich Jörges. Der erfahrene Journalist, Mitglied der Chefredaktion der Illustrierten "Stern", ist im Gespräch mit dem Tagesspiegel merklich erschüttert. Am Freitag habe er ein Paket von Horst Richard Prokopowicz erhalten, erzählt er. „Er hat es an die Redaktion in Hamburg geschickt und die haben es mir nach Berlin weitergeleitet.“

Nach Prokopowicz fahndet die Berliner Polizei seit Mittwoch. Da soll der 60-Jährige in mehreren Aufgängen eines Wohnhauses in der Seestraße Feuer gelegt und später seinen Schäferhund erschossen haben. Da er eine Pistole besitzt, stuft ihn die Polizei als gefährlich ein. „Ohne die Brandstiftung verharmlosen zu wollen, finde ich es schlimm, dass der Mann als Schwerkrimineller dargestellt wird“, sagt Jörges: „Er braucht vielmehr Unterstützung.“

Im Paket, das der Journalist von Horst Richard Prokopowicz erhalten hat, befanden sich sämtliche Unterlagen über die offenbar für vergangenen Dienstag oder Mittwoch geplante Zwangsräumung der Wohnung von Prokopowicz, die höchstwahrscheinlich der Auslöser für seine Verzweiflungstat war: Prozess- und Sozialakten, sogar die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Richterin, die eine Zwangsräumung angeordnet hatte.

„Ich konnte dadurch ganz gut nachvollziehen, was eigentlich geschehen war“, sagt Jörges: „Es ging gar nicht um Mietschulden, sondern um Heizungskosten“. Die seien eines Tages sehr stark angestiegen und Prokopowicz, der sich das nicht erklären konnte, vermutete einen Betrug – übrigens nicht nur bei sich, sondern auch bei anderen Mietern. Er habe weiter nur den ursprünglichen Betrag überwiesen und sei auf Nachzahlung verklagt worden. „Der Mann hat Krebs, ist arbeitslos und nicht vorbestraft“, sagt Jörges: „Er braucht Hilfe und die kann man ihm geben – zumal die Kosten, um die es geht, nicht so hoch sind, als dass man deshalb einen Menschen in den Tod gehen lassen dürfte.“

Jörges hofft, dass Prokopowicz noch lebt. In einem Begleitschreiben für die Gerichtsunterlagen hat dieser allerdings etwas anderes angekündigt. Wenn der Journalist diesen Brief lesen werde, sei er nicht mehr am Leben, schrieb er sinngemäß. Und dass er sich nach seinem Tod eine Aufarbeitung seines Falls wünsche. Er habe lediglich mit seinem Hund in Ruhe leben wollen. Aber in dieser Gesellschaft könne man anscheinend nur auf sich aufmerksam machen, wenn man andere Menschen mit in den Tod nähme. Jörges vermutet, dass Prokopowicz dies mit der Brandstiftung versucht hat. Zum Glück hatte es dabei nur einen Verletzten gegeben.

Die Polizei, der Jörges am Freitag das Paket und das Schreiben weiterleitete, hatte auch am Samstagabend noch keine Spur von Horst Richard Prokopowicz. Sie fahndet weiter nach ihm und geht davon aus, dass er bewaffnet und gefährlich ist. Wenn er denn noch lebt.

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