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Fall Uwe K.:  Pranger für Triebtäter wäre verfassungswidrig

Der Neuköllner Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) hatte gefordert, Wohnbereiche potenziell gefährlicher Sexualtäter im Internet zu veröffentlichen, um Eltern frühzeitig zu warnen. Damit sollen auch Rückfälle von bereits straffällig gewordenen Vergewaltigern wie Uwe K. verhindert werden. Datenschützer und andere Parteien lehnen das entschieden ab.

Eine Veröffentlichung des Wohnortes von entlassenen Sexualtätern wäre verfassungswidrig – darauf wies gestern die Sprecherin des Berliner Datenschutzbeauftragten, Anja-Maria Gardain, hin: „Ein weltweites An-den-Pranger-Stellen wäre mit deutschem Recht nicht zu vereinbaren.“ Wie berichtet, hatte gestern der Neuköllner Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) gefordert, Wohnbereiche potenziell gefährlicher Sexualtäter im Internet zu veröffentlichen. In den USA sei dies erfolgreich. Der Täterschutz müsse zurückstehen, sagte Liecke. Der Stadtrat hatte das Eingeständnis des Polizeipräsidenten Dieter Glietsch im Innenausschuss, dass die Behörde nicht rund um die Uhr in der Lage sei, Kinder vor Straftätern zu schützen, als „Kapitulation des Staates“ kritisiert. Liecke hatte auf die Erfolge in den USA verwiesen, wo genaue Adressen vom FBI im Internet veröffentlicht werden.

Andere Parteien lehnten diese Forderung übereinstimmend als verfassungs- und datenschutzwidrig ab. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Robbin Juhnke, betonte, dass „der Vorschlag in der Partei nicht abgestimmt war“. Jedoch müsse man darüber nachdenken und dies prüfen, sagte Juhnke: „Das hat Vor- und Nachteile.“ 

Der verurteilte Sexualtäter Uwe K. war im Januar 2007 nach einer elfjährigen, in Brandenburg verbüßten Haftstrafe freigekommen. Nach seinem Umzug nach Berlin soll er zwei Töchter befreundeter Familien missbraucht, eine Zwölfjährige sogar vergewaltigt haben. Die Taten konnten geschehen, weil die Mütter der Mädchen Warnungen der Polizei vor der Gefährlichkeit des Mannes ignoriert hatten. Wie berichtet, hatte Polizeipräsident Glietsch formuliert, dass sich K. in einer der Familien regelrecht „eingenistet“ habe. Die Polizei hatte die Verantwortung zurückgewiesen und diese auf die Mütter geschoben, weil alle Taten in Wohnungen geschehen seien. Diese aus der Vergangenheit mit K. bekannten Familien waren laut Glietsch sofort nach K.s Umzug nach Berlin gewarnt worden; auch das Jugendamt des Bezirkes sei unverzüglich informiert worden. Der Kontaktbereichsbeamte des zuständigen Polizeiabschnitts wusste ebenfalls von dem Mann, hieß es gestern im Präsidium.

Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft nun gegen das Spandauer Jugendamt wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Das Amt habe möglicherweise schlicht zu langsam gearbeitet, so der Vorwurf der Justiz. Zur Klärung waren die Akten zu dem Fall im Jugendamt beschlagnahmt worden. Ermittlungen gegen die Mütter, die trotz der Warnungen den Kontakt mit K. hielten, gibt es nicht, dafür fehle eine Rechtsgrundlage.  Gegen eine dritte Mutter aus dem Bekanntenkreis von K. wird ermittelt, weil sie ihre Tochter gesundheitlich vernachlässigt habe, hieß es gestern.

Bei der Polizei hieß es gestern, dass das „Einnisten“ mehrfach zu einer Verschärfung der Auflagen geführt habe. Es habe aber keinen – strafbaren – Verstoß gegen Führungsauflagen gegeben. Heute will sich das Abgeordnetenhaus erneut mit dem Fall befassen. Ha

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