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KaDeWe

© dpa

Farbanschlag: Sprayer rüsten auf: KaDeWe komplett zugesprüht

Das Berliner Kaufhaus wurde mit einem farbgefüllten Feuerlöscher grün angespritzt - in aller Öffentlichkeit. Der Staatsschutz ermittelt. Die Schmierer bejubeln unterdessen eine "neue Dimension“ - und die Szene ist weiter aktiv.

Das gab es noch nicht: Großflächig haben Unbekannte am Donnerstag früh das KaDeWe an der Tauentzienstraße mit Farbe besudelt. Auf einer Länge von über 100 Metern wurde die Schaufensterfront mit grüner Farbe beschmiert – die Schmierer hatten die Farbe in einen Feuerlöscher gefüllt. Eine Zeugin hatte die Aktion um 5.50 Uhr beobachtet und das Ganze zunächst für eine Werbeaktion des Kaufhauses gehalten. Denn mehrere Personen filmten mit Videokameras den Schmierer mit dem Feuerlöscher. Auch das Glasdach über dem Eingang mit dem KaDeWe-Schriftzug konnten die Unbekannten einfärben, da durch den Druck im Löscher die Farbe weit flog. Als die Männer wegliefen, alarmierte die Zeugin die Polizei.

Die Hintergründe sind unklar. Die Ermittlungen hat der für politische Delikte zuständige Staatsschutz im Landeskriminalamt übernommen. Denn das KaDeWe gilt in der linken Szene als Symbol für Luxus und Konsum – also angreifbar. Zudem verwies die Polizei darauf, dass in den Schaufenstern Parfums und Kleider der chinesischstämmigen Designerin Vera Wang ausgestellt seien – Stichwort: Tibetkrise. Dass Wang das Ziel gewesen sein könnte, schloss die KaDeWe-Sprecherin aus, die Schaufenster seien bereits seit vier Wochen so dekoriert. Auch polizeiintern war zu hören, dass die Annahme einer politischen Motivation „an den Haaren herbeigezogen“ ist. Auffallend ist lediglich, dass der gleiche grüne Farbton verwendet wurde wie vor einer Woche beim Anschlag auf den frisch eröffneten S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke in Schöneberg. Dort wurden jedoch politische Parolen gegen die Bahn und die Umstrukturierung gesprüht.

Am KaDeWe dagegen wurden wilde Muster auf die Scheiben verteilt. Und auf den einschlägigen Internetseiten der Schmierer-Szene wird das sogenannte „Bomben“ mit Feuerlöscher seit einiger Zeit als besonders toll gepriesen. „Bomben“ heißt in der Szene schnelles, überraschendes und großflächiges Schmieren.

Begründung für den Trend zum Pulverlöscher: Mit einer Sprühdose braucht man 15 Minuten, mit einem Feuerlöscher für eine weit größere Fläche nur 3 Minuten, heißt es im Internet – und das Ergebnis „ist zehn Mal cooler“. „Die nächste Dimension“, jubelt die Szene. In Internetforen gibt es bereits detaillierte Anweisungen, wie ein Feuerlöscher zum „Bomben“ umgebaut und mit Farbe gefüllt wird. Bei der Sonderkommission „Graffiti“ der Polizei hieß es, dass der Trend bekannt sei, in Berlin aber noch nicht beobachtet wurde.

Szenekenner schreiben die KaDeWe-Attacke eindeutig der Graffitiszene zu – schon, weil mehrere Personen filmten und fotografierten. Denn den Schmierern geht es um den „Ruhm“. Da die Bilder von den Eigentümern in der Regel schnell beseitigt werden, müssen sie dokumentiert und ins Internet gestellt werden. Höchsten Ruhm verspricht natürlich eine Aktion an Deutschlands berühmtestem Kaufhaus – und das im Hellen an einer stark befahrenen Straße.

„Wir haben Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt“, sagte die KaDeWe-Sprecherin. Durch intensiven Schrubbeinsatz konnte die Farbe bis zur Öffnung des größten europäischen Kaufhauses um 10 Uhr beseitigt werden, am Vormittag erinnerten nur noch giftgrüne Lachen auf dem Gehweg und einzelne Spritzer an der Fassade an die Attacke. „Das ließ sich gut abwaschen“, sagte die Sprecherin.

Während Graffiti insgesamt 2007 um sieben Prozent abnahm, gab es eine Zunahme von 13 Prozent bei Graffiti durch Jugendgruppen. Dass die Szene weiter aktiv ist, zeigt diese Zahl: 28 257 Fotos sind auf der Berliner Internetseite „graffitibox.de“ eingestellt. Und am 12. Juli soll in Kreuzberg demonstriert werden: „Für mehr Graffiti und gegen Repression“.

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