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Fluchtversuch in Tegel: Gefangenenbefreiung knapp gescheitert

Der Fluchtversuch des Schwerkriminellen Andreas R. aus der JVA Tegel im vergangenen Dezember war offensichtlich erfolgsversprechender, als die Justizverwaltung bislang zugegeben hat. Der 54-Jährige sitzt nun in Brandenburg ein.

So soll dem Vernehmen nach an dem Abend ein Auto mit Komplizen vor der Anstaltsmauer gewartet haben.  Aus Sicherheitsgründen ist der 54-Jährige am 12. Januar in eine Brandenburger Haftanstalt verlegt worden, zuvor war er in Tegel in einen „besonders gesicherten Haftraum“ verlegt worden. Wie es bei der Justiz hieß, sei R. als gefährlich eingestuft, er soll die JVA Tegel perfekt gekannt haben. Durch die Verlegung solle ihm der Vorteil der Ortskenntnis genommen werden, hieß es. Zu den Hintergründen des Fluchtversuchs schweigt sich die Justizverwaltung aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun nach Fluchthelfern außerhalb der Anstalt.

Wie berichtet, hatte die Justizverwaltung im Dezember erst nach mehreren Tagen eingeräumt, dass es überhaupt ein Fluchtversuch gewesen sei könnte. Zuvor hatte es geheißen, dass der Gefangene aus Suizidgründen auf das Dach eines Anstaltsbaus geklettert war. Mitgefangene hatten dagegen sofort von einem Fluchtversuch gesprochen und auf die große Aggressivität des Mannes verwiesen. Einen entsprechenden Bericht des Tagesspiegels hatte die Justiz dementiert.

An diesem Dezembertag war erst bei der routinemäßigen Zählung um 16.45 Uhr in Haus 5 aufgefallen, dass Andreas R. fehlte. Erst mit Verzögerung um 18.15 Uhr wurde die Polizei alarmiert, gegen 20.15 Uhr wurde R. auf dem Dach der Technikzentrale entdeckt. Spezialisten des Landeskriminalamtes war es gegen 22 Uhr gelungen, den verurteilten Räuber zur Aufgabe zu überreden. Wie lange R. auf dem Dach war und wie er von dort über die Mauer wollte, ist unklar. Als Sanitärklempner hatte R. Zugang zu diversen Werkzeugen und Gebäuden.

R. war vor fünf Jahren Mitglied der berüchtigten „Schlapphutbande“. Diese hatte nach Polizeiangaben die größte Überfallserie der Nachkriegsgeschichte hingelegt. Bei den meist mit brachialer Gewalt und vorgehaltenen Waffen verübten Überfällen auf Banken und Sparkassen sowie Auto- und Schrotthändler waren die bis zu zehn Täter stets mit Schlapphüten maskiert gewesen. Zwischen 2002 und 2006 hatten sie bei 52 Überfällen in sieben Bundesländern 3,6 Millionen Euro erbeutet. R. hatte damals besondere Schlagzeilen gemacht, weil er die ersten Taten als Freigänger aus der JVA Düppel begangen hatte – denn die Berliner Justiz hatte ihn damals überraschend schnell in den offenen Vollzug verlegt und zudem drei Jahre seiner neunjährigen Strafe ganz erlassen.

Seit mehreren Jahren ist keine Flucht aus einem Gefängnis mehr gelungen, zuletzt war 2004 Mike M. mit einem spektakulär weiten Satz vom Dach der Jugendstrafanstalt in die Freiheit gesprungen. Tage später war der 20-Jährige wieder festgenommen worden, er hatte sich bei der Flucht schwer verletzt. Nach diesem Sprung und einem Ausbruchsversuch mehrerer Intensivtäter 2007 war in der Jugendstrafanstalt ein Innenzaun vor der Mauer gebaut worden. Dieser hat 2,7 Millionen Euro gekostet, wie die Justiz jetzt dem CDU-Abgeordneten Sven Rissmann auf Anfrage mitteilte.

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