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Säure

© David Heerde

Flusssäure-Anschläge: Schon über 40 Säure-Attacken

Die Gefahr ist farblos und lauert auf Berliner S- und U-Bahnhöfen: Flusssäure-Attacken finden derzeit fast täglich statt, die Polizei steht aber noch vor einem Rätsel. Wer sind die Täter und woher bekommen sie die hochgiftige Chemikalie?

Fast täglich führte in der vergangenen Woche die mutwillige Ausbringung von giftiger Flusssäure zu großräumig abgesperrten Bahnsteigen, nachdem die ätzende Substanz an Glasscheiben von Fahrstühlen, Telefonzellen oder anderen Objekten entdeckt worden war. Die Beseitigung solcher und anderer Vandalismusschäden auf Bahnhöfen und an Zügen verursacht den Berliner Verkehrsbetrieben nach eigenen Angaben jährlich Kosten in Höhe von acht Millionen Euro.

Die Sachbeschädigungen mögen ärgerlich sein, gefährlich für Leib und Leben von Menschen ist hingegen die giftige Flusssäure, die auch in der Sprayer-Szene Verwendung findet. Bei Kontakt mit der Substanz sind Verätzungen der Haut jedoch nicht das primäre Problem. "Die Säure dringt vielmehr tiefer in das menschliche Gewebe ein und schädigt unter anderem auch Knochen. Das bedrohliche ist der Eingriff in den Stoffwechsel des Körpers", sagt Diplomchemiker Roland Stiegler von der Berufsgenossenschaft Chemie. Die Aufnahme erfolge auch über die Schleimhäute. Dabei reagierten Fluorionen mit dem körpereigenen Magnesium und Calcium. Durch diese Veränderungen bestehe die Gefahr, dass Leber- und Nierenschäden auftreten, die im schlimmsten Fall tödlich enden können. Im Notfall ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen.

Täter sind wahrscheinlich im Umgang mit Chemikalien geschult

"Ich selbst habe mal versucht, als Privatmann Flusssäure zu bestellen, aber mir wurde die Chemikalie verweigert", sagt Stiegler, den die Vorfälle mit dem giftigen Stoff in Berlin beunruhigen. Die Frage bleibt deshalb, woher die Flusssäure bezogen werde. Die Ermittlungsbehörden nehmen an, dass sich die Täter das Material über das Internet besorgen. Sie gehen davon aus, dass die Täter im Umgang mit chemischen Stoffen geschult sind, um die gefährliche Chemikalie zu handhaben.

Aufwendig gestaltet sich zudem die Entsorgung der ätzenden Chemikalie, die mit aufgeschwemmtem Kalk gebunden wird. Vorher muss die wasserlösliche Chemikalie weiter verdünnt werden. Aber auch im trockenen Zustand bleibt Flusssäure gesundheitsgefährdend. Um einen sicheren Abtransport zu gewährleisten, muss der Stoff in Kunststoffbehältern verwahrt werden. Glas oder Metallbehälter sind wegen der ätzenden Wirkung der Flusssäure nicht geeignet.

Bislang wird von "einzelnen Chaoten" ausgegangen

Bislang geht der zuständige Dezernatsleiter im Berliner Landeskriminalamt, Andreas Grabinski, von "einzelnen Chaoten" aus, die für diese Form des Vandalismus verantwortlich seien. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei 220 Vorfälle dieser Art. Obwohl man bezüglich der letzten Zwischenfälle von einer "kleinen Serie" sprechen könne, sei die Zahl der Flusssäure-Vorfälle insgesamt zurückgegangen. In diesem Jahr seien über 40 Delikte aktenkundig. Eine Spur von den Tätern hat die Polizei bisher nicht.

Florian Bittler[ddp]

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