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Gasbaustelle

© Rückeis

Gas: Gefahr unterm Asphalt

Bei Straßenarbeiten in Mitte wurde ein zu flach verlegtes Gasrohr aufgerissen - 24 Menschen mussten bis zum Nachmittag in einer Turnhalle ausharren. Die Bauverwaltung beklagt lückenhafte Pläne.

Drei Wohnhäuser in der Linienstraße in Mitte sind am Montagmorgen wegen der Gefahr einer Gasexplosion geräumt worden. Eine schwere Baumaschine hatte eine Gasleitung beschädigt. Erst am Nachmittag durften die 24 Menschen, darunter acht Behinderte und ihre Betreuer aus einer Behindertenwerkstatt wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Stundenlang hatten sie zuvor in einer Turnhalle zugebracht. Verletzt wurde niemand.

Kurz vor acht Uhr hatten Bauarbeiter beim Abtragen des Straßenbelags ein Gasrohr angefräst, dann den Gasgeruch bemerkt und sofort die Feuerwehr alarmiert. Polizei und Feuerwehr waren innerhalb weniger Minuten mit mehreren Einsatzfahrzeugen vor Ort und sperrten die Zufahrtsstraßen zu der Kreuzung.

Das Schließen des Lecks erwies sich als schwierig: Die Bauarbeiter hatten zwar richtig reagiert und den Motor der Fräse sofort abgestellt, als sie den Gasgeruch bemerkten. Die 37 Tonnen schwere Maschine verstellte jedoch den Gasag-Technikern den Zugang zum Leck. Das Fahrzeug konnte auch nicht einfach weggefahren werden, weil die Explosionsgefahr beim Zünden des Motors zu hoch gewesen wäre, wie ein Sprecher der GASAG erklärte.

Eine Sprecherin der Firma Strabag, die die Bauarbeiten im Auftrag der Senatsverwaltung durchführt, wies die Verantwortung für den Vorfall zurück. Anhand der Pläne sei zwar die Lage der Gasleitung klar gewesen, aber nicht deren geringe Tiefe. „Normalerweise liegen Gasleitungen in einer Tiefe von 80 bis 120 Zentimetern. Deshalb ist es bei Fräsarbeiten praktisch unmöglich, eine Leitung zu treffen“, sagte sie. Die Stahlleitung mit einem Durchmesser von 20 Zentimetern liegt an dieser Stelle nur etwa 30 Zentimeter unter der Oberfläche.

Irreführende Pläne, unerwartete Betonfunde und überraschende Rohre im Erdreich – das alles deutet nach Ansicht der Senatsbauverwaltung darauf hin, dass gerade im Ostteil der Stadt die Kartographie zumindest „lückenhaft“ ist. Die Tiefbauleute seien immer wieder „baff überrascht“, was sie in den östlichen Bezirken beim Graben entdeckten, sagte Behördensprecherin Manuela Damianakis.

Von der Gasag hieß es, sie könne nicht bestätigen, dass es lückenhaftes Kartenmaterial gebe. Allerdings seien im Ostteil aus Kostengründen Leitungen vergleichsweise flach verlegt worden und Pläne würden oft „nicht richtig interpretiert.“ Stephan Natz, der Sprecher der Wasserbetriebe, bestätigte, dass es immer wieder zu Überraschungen bei Bodenarbeiten kommt, allerdings nicht mehr so häufig wie noch vor einigen Jahren. Nach seinen Erfahrungen liege es allerdings nicht an der unterschiedlichen Kartographie von Ost- und Westteil. Erst in vier, fünf Jahren werden das Kanal- und Leitungsnetz komplett digitalisiert sein, aber auch dann könne man „niemals hundertprozentig sicher sein, „dass die Unterlagen stimmen“, zumal es auch noch „stillgelegte Infrastruktur“ gebe: Rohrnetze, die vor gut 100 Jahren nie ausgebaut und kartografiert worden seien, in denen sich Wasser sammeln und Schäden im Erdreich anrichten könne. „Unterlagen werden immer von Menschen gemacht.“

Im Sommer hatten die Wasserbetriebe auf dem Alexanderplatz ein Schmutzwasserohr anders anlegen müssen als geplant. Sie waren beim Graben nicht – wie nach vorliegendem Kartenmaterial erwartet – in drei Meter Tiefe, sondern bereits nach 60 Zentimetern auf eine Betondecke gestoßen. Das Bauwerk war zunächst als Bunkerdecke bezeichnet worden, stellte sich aber dann als drittes Kellergeschoss eines in den vierziger Jahren geplanten, aber nie gebauten Arbeitsamtes Mitte heraus. Das sei, sagte Natz, zwar zu Ost-Berliner Zeiten neu vermessen, später aber nicht weiter vermerkt worden.

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