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Hyatt-Überfall: Vor dem Pokerraub gab’s Fastfood

Erst wurden die Handys ausgeschaltet, dann ging es vor dem Überfall noch in Ruhe zu McDonald’s. Erstmals sprach der Anwalt eines Tatverdächtigen mit dem Tagesspiegel über Details des spektakulären Pokerüberfalls.

Seinen Mandanten Mustafa U. sieht der Anwalt als Opfer der Überredungskünste seiner Mittäter.„Er ist da mit einer Art von Naivität einfach reingeschlittert“, sagte Rechtsanwalt Sebastians Bartels am Freitag. „Er hatte überhaupt keine Ahnung, was da geplant war“, behauptet er. Die Komplizen hätten den 20-jährigen Intensivtäter, der schon mehrere Raubtaten begangen hat und gerade erst aus der Haft entlassen worden war, morgens wachgeklingelt und zu einem U-Bahnhof bestellt. Warum, habe er nicht erfahren. Am U-Bahnhof hätten seine drei Freunde Vedat S., Ahmad El-A. und Jihad C. auf ihn gewartet. Dort habe er auch den ihm bis dahin völlig unbekannten 28-jährigen Ibrahim El M. getroffen. Dieser habe die vier dann im Auto zum Potsdamer Platz gefahren. „Mach das Handy aus und nimm die Karte raus“, hätten die anderen ihn plötzlich auf der Fahrt aufgefordert. In kriminellen Kreisen ist weithin bekannt, dass die Polizei angeschaltete Funktelefone orten und sogar abhören kann, selbst wenn kein Telefongespräch geführt wird. Am Potsdamer Platz gingen die fünf Männer laut Angaben von Mustafa U. gemeinsam zu McDonald’s. Dort soll Ibrahim El M. den Männern den Überfallplan erläutert haben. „Man kann hier sehr gut an viel Geld kommen“, habe der 28-Jährige gesagt. „Eigentlich ist mein Mandant ein ganz sanfter Mensch“, sagt Bartels. „Er hat sich von den anderen für die Tat breitschlagen lassen.“ Bis zu dem Moment, in dem die Täter die Masken aufsetzten, hätte U. nicht gewusst, worum es tatsächlich ging. Als Beweis führt Bartels an, dass der 20-Jährige im Gegensatz zu den anderen keine Waffe mit sich geführt habe. U. habe so wenig von der Planung gewusst, dass er nach dem Überfall erst in die falsche Richtung gerannt sei, weil ihm angeblich nicht klar war, wo das Fluchtauto wartete. Medienspekulationen, nach denen die Täter am Morgen des Überfalls angeblich Drogen konsumiert hätten, wies Bartels zurück. Nach Aussage seines Mandanten hätten weder er noch die anderen Verhafteten vor der Tat Betäubungsmittel zu sich genommen.

Wirklich geflüchtet sei Mustafa U. nach dem Raub ebenfalls nicht. Seine Reise in die Türkei habe er lediglich wegen seiner kranken Mutter angetreten, die er zu einem Kur-Aufenthalt begleitet habe. Als er wegen der Fahndungsbilder selbst in dem kleinen türkischen Dorf auf der Straße von Passanten angesprochen wurde, habe er sich entschieden, sich zu stellen. Seine Familie wandte sich an den Anwalt. U. wurde nach seiner Rückkehr am Flughafen Tegel sofort verhaftet. Wie sich herausstellte, hatte er sich von den anderen mit nur 5000 Euro Anteil der insgesamt 242 000 Euro Beute abspeisen lassen. Kurz nach seiner Festnahme gab er 4000 Euro davon zurück, den Rest hatte er bereits ausgegeben. Angehörige von U. übergaben dem Anwalt das Geld einen Tag, nachdem der Deutschtürke sich gestellt hatte. Den bislang fünf Verhafteten mutmaßlichen Tätern droht eine Verurteilung wegen schweren Raubes und damit mehrere Jahre Haft. jra

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