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Justiz: Gerichtskosten Berlins steigen drastisch

Die Haushaltsmittel reichen nicht mehr aus: Das Land muss für die Justiz in diesem Jahr zusätzlich 36 Millionen Euro zahlen.

Von Sabine Beikler

Fast 84,22 Millionen Euro sollte das Land für die Gerichtskosten in diesem Jahr laut Haushaltsplan zahlen. Doch diese Summe reicht nicht aus, um die Sachverständigen, die Auslagen für Zeugen, Beschuldigte, Pflichtverteidiger, Prozesskostenhilfe und Betreuervergütung am Land- und an den Amtsgerichten zu bezahlen: Zusätzlich müssen in diesem Jahr noch 27,32 Millionen Euro aufgewendet werden, um diese Kosten abzudecken – also insgesamt 111, 54 Millionen Euro. Auch die im Haushalt eingestellten 6,5 Millionen Euro für Barauslagen der Gerichtsvollzieher reichen nicht aus: Dafür sind weitere 8,99 Millionen Euro nötig. Summa summarum sind das rund 36,3 Millionen Euro, die im 400 Millionen Euro umfassenden Nachtragshaushalt für Gerichtskosten und Barauslagen zusätzlich eingestellt werden müssen.

„Wir haben schon vorher darauf hingewiesen, dass die angesetzten Kosten nicht kostendeckend sind“, ärgert sich der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Andreas Gram (CDU). Er nennt die Verwaltungsplanung „Flickenteppich-Politik“. Für den FDP-Haushaltsexperten Christoph Meyer sind diese Zahlen eine „schallende Ohrfeige“ für Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und der Beweis, dass Sarrazins mittelfristige Finanzplanung „aus dem Ruder läuft“. Zwar sei ein Teil der Ausgaben „nicht steuerbar“, sagt Grünen-Rechtspolitiker Dirk Behrendt, der von Beruf Richter ist. Er erwarte aber von Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) eine Erklärung dafür, warum die Ausgaben so weit über dem geplanten Haushaltsansatz liegen.

Die Erklärung der Verwaltung lautet, dass erstmals in den Jahren 2006/2007 die Landesmittel für die Gerichte dezentral eingestellt wurden; zuvor wurde das Budget zentral beim Kammergericht verwaltet. Man sei bei der Aufstellung des Haushaltes auf Schätzungen der Gerichte angewiesen, hieß es. Im Doppelhaushalt 2008/2009, der im September beraten wird, sollen höhere Ausgaben für die Justiz angesetzt werden.

Hinzu kommt das bundesweite Abrechnungssystem für die 283 in Berlin tätigen Gerichtsvollzieher: Sie sind Beamte, erhalten eine Besoldungsvergütung und stellen dem Land Bürokosten und Auslagen zum Beispiel für Türöffnungen oder Abtransporte von Gegenständen in Rechnung. Zwar wurde bundesweit ein pauschales Vergütungssystem eingeführt, doch offenbar wirkt diese „Kostenbremse“ nicht so, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat. Deshalb soll das Gerichtsvollzieherwesen in Deutschland privatisiert werden. Das heißt: Gerichtsvollzieher sollen künftig selbstständig wie Notare arbeiten und dadurch weniger Kosten verursachen. Ein Gesetzesentwurf wird zurzeit im Bund beraten.

Ein weiteres Problem sind die Betreuerkosten für demente und ältere Menschen, die nicht mehr uneingeschränkt geschäftsfähig sind. Diese Kosten werden aufgrund des demografischen Wandels auch in Zukunft weiter steigen. 

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