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Landgericht: Prozess um grausamen Tod eines Obdachlosen

Der Mann wurde erschlagen, die Leiche zerstückelt. Der 28-jährige Angeklagte schweigt. Der ehemalige Student bleibt auch ruhig, als der Staatsanwalt unfassbare Details schildert.

Von Frank Jansen

Er sitzt ruhig da, mit akkurater Frisur und dunkelbraunem Sakko über dem weißen Hemd, das rechte Bein liegt locker auf dem linken. Mario Z. wirkt wie ein karriereorientierter junger Mann, der auf sein Bewerbungsgespräch wartet. So einer soll der Mörder eines Obdachlosen sein, ein extrem grausamer Typ, verantwortlich für eines der schrecklichsten Verbrechen in Berlin seit der Wiedervereinigung? Der 28 Jahre alte, ehemalige Germanistik-Student sagt am Montag im Landgericht so gut wie nichts. Er blickt auf die Richter der 29. Großen Strafkammer, hört reglos zu, als Staatsanwalt Jörg Wetzel die Anklage vorträgt. Mit unfassbaren Details.

Spätestens seit Beginn des Jahres 2009 „trug sich der Angeklagte mit der Vorstellung, einen perfekten Mord zu begehen“, sagt Wetzel. Mario Z. soll erwogen haben, einen Obdachlosen zu töten und dessen Leiche verschwinden zu lassen, „wobei er erwartete, dass das Verbrechen unaufgeklärt bliebe, da zwischen Täter und Opfer keine Verbindung hergestellt werden könne“. In der Nacht zum 30. August soll Mario Z. den alkoholkranken Obdachlosen Jochen G. (42) am Bahnhof Zoo angesprochen und zu sich nach Hause gelockt haben. Die beiden Männer tranken laut Anklage auf dem Weg zur Wohnung von Z. in Schöneberg noch an einer Tankstelle Bier, gegen 5 Uhr 15 war das Mietshaus erreicht. Mario Z. habe in seiner Küche dem späteren Opfer auf einer Klappcouch ein Nachtlager bereitet. Jochen G. „legte sich schlafbereit nieder, wobei er sich keines Angriffs durch den Angeklagten bewusst war oder einen derartigen Angriff erwartete“, sagt der Staatsanwalt.

Mit einer Art Henker-Axt soll Mario Z. den Kopf des Obdachlosen zertrümmert haben. Laut Anklage folgten drei gezielte Stiche in Herz und Magen. Die Leiche habe Mario Z. zerteilt, um sie „unentdeckt entsorgen zu können“, sagt Wetzel. „In Plastiktüten verpackt, verbrachte der Angeklagte den Kopf und den Torso des Opfers in den Bereich eines abgelegenen Bahngeländes des ehemaligen Güterbahnhofs Schöneberg.“ Der Staatsanwalt spricht von heimtückischem Mord.

Kurz nach dem Tod des Obdachlosen offenbarte sich Mario Z. seiner Freundin und am 1. September seinem Bewährungshelfer. Der Student war 2006 wegen schwerer räuberischer Erpressung zu drei Jahren Haft verurteilt worden, im April 2008 kam er auf Bewährung frei. Der Bewährungshelfer rief am 1. September die Polizei. Mario Z. wurde festgenommen, in seinem Kühlschrank fanden Beamte Leichenteile. In der Wohnung kam ein kurzes Geständnis, „ich habe einen Menschen mit einer Axt erschlagen“. Außerdem schilderte Mario Z. der Polizei den Weg zu dem auf das Bahngelände gebrachten Torso des Opfers und dem dort verscharrten Kopf. Ein Polizist sagt dem Gericht, er habe sich gefühlt „wie in ''nem schlechten Horrorfilm“. Ein anderer Beamter wundert sich noch heute, wie ruhig und kooperativ Mario Z. bei der Suche nach den Leichenteilen half.

Obwohl der Angeklagte schweigt, zeichnet sich doch ab, dass er die Tat als rauschhaften Exzess mit Filmrissphasen gewertet haben möchte. Die Vorsitzende Richterin Angelika Dietrich verliest einen beschlagnahmten Brief, den Mario Z. aus der Untersuchungshaft seiner Mutter schicken wollte. Da ist von Evangelium, Jesus und Alkoholkonsum in der Tatnacht die Rede – und von einem angeblichen Streit um Wechselgeld für gekauftes Bier, das Jochen G. nicht zurückgegeben haben soll. Mario Z. schrieb, er habe geschlagen und „wie von Sinnen“ zugestochen, als Jochen G. aus der Wohnung abhauen wollte. Der Brief endet mit den Worten: „Ich bitte Gott und alle Leidtragenden um Vergebung.“

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