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© ddp

Polizei: Berlins Mordermittler bekommen Entlastung

In diesem Jahr soll eine zusätzliche achte Kommission eingerichtet werden. 2009 häuften die Fahnder rund 20.000 Überstunden an.

Berlin – Wegen der massiv gestiegenen Arbeitsbelastung richtet die Polizei eine zusätzliche Mordkommission ein. Dies sagte gestern der neue Leiter des Morddezernats, Ralf Heilmann. Gleichzeitig wird auf die Ermittler aber auch mehr Arbeit zukommen: Künftig sollen Fälle von Raub oder Körperverletzung mit Todesfolge – also die etwas weniger spannenderen Fälle – ebenfalls in der Schöneberger Keithstraße von einer Mordkommission aufgeklärt werden. Die Polizeiführung rechnet mit etwa zehn zusätzlichen Fällen pro Jahr, die bislang von den örtlich zuständigen Direktionen bearbeitet wurden. Dem Vernehmen nach sollen die Ermittlungen dadurch professionalisiert werden. Die neue achte Mordkommission wird wie die anderen aus etwa acht Beamten und einer Schreibkraft bestehen. Einen Starttermin nannte die Polizei gestern nicht.

Damit korrigiert der Leiter des Landeskriminalamtes, Peter-Michael Haeberer, eine fünf Jahre alte, umstrittene Entscheidung. Denn bis 2005 hatte Berlin acht Mordkommissionen, eine wurde damals aus Spargründen aufgelöst. Seitdem häuften die Ermittler pro Jahr 20 000 Überstunden an, pro Beamter sind das etwa 300. Ein Abbau der Überstunden sei schlicht unmöglich, hieß es gestern, sie sollen mit Geld abgegolten werden. Bis 2001 gab es bei der Polizei sogar neun Kommissionen.

Dass den Ermittlern die Arbeit nun derart über den Kopf wächst, liegt vor allem an den vielen neuen technischen Möglichkeiten wie DNA-Analyse und Telefonüberwachung. Die Datenmenge bei der Auswertung von Computern und Telefonen sei enorm gestiegen, sagte Heilmann – und damit auch die Ermittlungsansätze.

Die Zahl der Fälle von Mord und versuchtem Mord ist dagegen mit etwa 100 pro Jahr recht konstant, durchschnittlich werden 95 Prozent aufgeklärt. Wie berichtet, soll es bei einem der drei nicht geklärten Mordfälle des vergangenen Jahres bald einen Massen-DNA-Test bei etwa 150 Männern geben, die für den Mord an der Reinickendorferin Christa Müller infrage kommen. Der Aufwand, 150 Männer zu einer freiwilligen Speichelprobe zu bewegen, sei enorm, hieß es. Bekanntlich werden bei solchen Massentests alle Verweigerer als potenzielle Täter angesehen, intensiv überprüft und vernommen. Zusätzliche Stellen für die neue Mordkommission werden aber nicht geschaffen, das Personal wird innerhalb des LKA umgesetzt. „Die fehlen dann wieder an anderer Stelle“, kritisierte gestern Michael Böhl vom Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Wegen der Überlastung der Mordkommission hatte die Polizei im vergangenen Jahr, wie berichtet, sogar ein Kommissariat aus der Abteilung Wirtschaftsdelikte zur Unterstützung abgeordnet. Dieses soll die 188 ungeklärten Altfälle aus den letzten 35 Jahren bearbeiten, die seit zwei Jahren neu aufgerollt werden. Hintergrund ist der Fortschritt bei der DNA-Technik, mittlerweile können auch winzigste Spuren analysiert werden, was früher nicht möglich war. 25 dieser Fälle wurden systematisch aufgearbeitet. Bei sieben Fällen wurde an damals sichergestellten Beweisstücken nun DNA gefunden und ausgewertet. Einen Mord aus dem Jahr 1992 konnten die Fahnder so bereits klären: Mit moderner Technik wurde an einer damaligen Mordwaffe DNA gesichert, sie gehört einem Mann, der bereits wegen dreifachen Mordes im Gefängnis sitzt. Wenn die neue Mordkommission die Arbeit begonnen hat, soll diese Unterstützung durch die Wirtschaftsexperten beendet werden.

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