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DRK-Helfer empfangen die Flüchtlinge am Eisenhüttenstädter Bahnhof.

© Bernd Settnik/dpa

Update

Sonderzug aus München: 900 Flüchtlinge in Brandenburg eingetroffen

Ihr Weg aus Ungarn war eine Tortur, jetzt sind sie in Sicherheit: Hunderte Flüchtlinge wurden in Berlin und Brandenburg empfangen. Und die ersten erkunden schon die neue Umgebung.

Erst Berlin-Spandau, dann Eisenhüttenstadt: Am Montagmorgen sind der brandenburgischen Stadt rund 900 Flüchtlinge eingetroffen. Sie kamen mit einem Sonder-ICE aus München, sagte ein Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums. In Eisenhüttenstadt befindet sich die zentrale Erstaufnahmeeinrichtung des Landes. Einige Stunden zuvor waren bereits mehrere hundert Menschen mit Bussen von München nach Berlin-Spandau gebracht worden.

Unter den Menschen in Eisenhüttenstadt, die vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan stammen, sind viele Frauen und Kinder, davon allein rund 100 unter acht Jahren. Sie würden derzeit alle betreut, versorgt und registriert, sagte der Ministeriumssprecher. Dies werde vermutlich den ganzen Tag dauern. 600 Menschen sollen in der Erstaufnahmestelle und in der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt untergebracht werden. 310 kommen in Berlin unter.

Freundlicher Empfang in Berlin

Hier war den Flüchtlingen ein freundlicher Empfang bereit worden. "Willkommen in Berlin-Spandau", steht am Morgen auf einem Plakat am ehemaligen Kasernentor, auch auf arabisch. Es ist sonnig, aber kalt. "Benötigen Sie Kleiderspenden?", fragt ein Anwohner. "Nein, danke, aber Decken und Kissen - und Verteilersteckdosen!", antwortet ein Mitarbeiter. Die ersten Flüchtlinge verlassen das Gelände: Sie seien gerade angekommen, erzählen zwei Männer, erst einmal seien sie glücklich, in Deutschland zu sein. Jetzt erkunden sie die Nachbarschaft. Gegenüber ist eine Polizeiwache, ein großer Supermarkt, eine Kirche.

Unterstützter empfangen am 07.09.2015 weitere Flüchtlinge an einer Unterkunft in der ehemaligen Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Berlin mit Transparenten und Luftballons. Insgesamt 350 Flüchtlinge, die über die Balkanroute nach Europa gekommen sind, erreichten in der Nacht vom 06.09.2015 auf den 07.09.2015 die Flüchtlings-Unterkunft in Berlin-Spandau.
Unterstützter empfangen am 07.09.2015 weitere Flüchtlinge an einer Unterkunft in der ehemaligen Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Berlin mit Transparenten und Luftballons. Insgesamt 350 Flüchtlinge, die über die Balkanroute nach Europa gekommen sind, erreichten in der Nacht vom 06.09.2015 auf den 07.09.2015 die Flüchtlings-Unterkunft in Berlin-Spandau.

© dpa

In der Nacht zu Montag waren die Flüchtlinge, die kürzlich aus Ungarn über Österreich nach München gekommen waren, in der ehemaligen Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne eingetroffen. Gegen 3.30 Uhr rollten die ersten Busse am Gelände in Spandau vor. Mehrere Dutzend Unterstützer begrüßten die erschöpften Menschen mit Beifall, einige Berliner warteten mit Sachspenden vor dem Tor, das mit Girlanden und Luftballons geschmückt war.

"Ich habe alles verloren"

Einer von den Menschen, die ihre neue Umgebung erkunden, ist der Syrer Mohammad al Saddiq. Er stamme aus Aleppo, sagt er, wo er drei Apotheken besessen habe. "Ich habe alles verloren. Trotzdem bin ich froh, in Deutschland zu sein." Jetzt hofft er, bald seine Familie bald wiedersehen zu könne, die noch in der Türkei festsitzt.

Bunte Begrüßung. Das Tor zur Flüchtlingsunterkunft.
Bunte Begrüßung. Das Tor zur Flüchtlingsunterkunft.

© Matthias Jauch

Unterwegs sind an dem kühlen Vormittag auch der 46-jährige Waad Sabah und seine 18-jährige Tochter Douaa. Beide sind vor mehr als einem Jahr aus dem irakischen Mossul geflohen. "Wir fühlen uns schon fast wie zu Hause", sagt der Vater. In der nahegelegenen Bertolt-Brecht-Oberschule läuft derweil die Hilfe für die Menschen an, die nun in der früheren Kaserne leben. "Wir sammeln Sachspenden, nachdem wir uns informiert haben, was gebraucht wird", sagt Schulleiter Burkhard Möller.

Die ersten drei Busse mit 150 Flüchtlingen waren nach Informationen des Senats gegen 16.45 Uhr in München abgefahren. Die Flüchtlinge kamen dann in Zelten auf dem Areal der Spandauer Kaserne unter. Dort waren in der vergangenen Woche zusätzlich 71 Zelte mit jeweils 10 Betten aufgestellt worden.

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Überwältigende Spendenbereitschaft der Berliner

Die Sprecherin der Senatssozialverwaltung, Kneiding, bedankte sich "für die ausgesprochen große Spenden- und Unterstützungsbereitschaft der Berliner Bürgerinnen und Bürger sowie der Hilfsorganisationen". Bereits jetzt seien vor Ort alle Möglichkeiten zum Lagern von Sachspenden ausgeschöpft. "Daher haben wir den Malteser Hilfsdienst gebeten, weitere Spenden vor Ort entgegenzunehmen und an geeigneter Stelle einzulagern." Die Spenden würden dann unmittelbar den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt.

Am Berliner Hauptbahnhof hatten in der Nacht zu Sonntag und am Vormittag eine Handvoll Unterstützer auf die Flüchtlinge gewartet. Sie waren sauer, dass es bis zum Mittag keine Informationen gab. Wie Dirk Stegemann aus der Gruppe sagte, wolle man die Flüchtlinge willkommen heißen. "Aber wir wissen nicht einmal, wohin wir mobilisieren sollen."

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Nach seinen Angaben kursierten die wildesten Gerüchte am Hauptbahnhof. Eines lautete, dass Bundespräsident Gauck die Flüchtlinge am zentralen Omnibusbahnhof empfangen werde. Das war aber nicht mehr als ein Gerücht. Per Zug kamen nur vereinzelt Flüchtlinge mit regulären Zügen an, berichtete Stegemann, der sich seit Jahren in Berlin für Flüchtlinge engagiert. Nach seiner Einschätzung würden nur Menschen, die in Berlin Freunde oder Verwandte haben, auf eigene Faust hierherkommen und nicht im Sammeltransport. Der reguläre Nachtzug aus Budapest sei hingegen weitgehend leer gewesen, berichtete die grüne Abgeordnete Canan Bayram über Twitter:

In dem Zug hätten nur zwei Flüchtlinge gesessen, für die Unterstützer Schlafplätze organisiert hätten. Für den Montag hat Bayram, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Berliner Grünen, eine Kundgebung vor der Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer angemeldet unter dem Motto: "Willkommen heißen, nicht abschieben". Die Kundgebung soll um 8 Uhr beginnen, erwartet werden 30 Teilnehmer.

Rechte und linke Demos am Montag

Zudem sind am Montag mehrere rechtsextremistische Demonstrationen in Berlin angemeldet und Proteste dagegen von der linken Szene. In Dortmund hatte es in der Nacht am Hauptbahnhof gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremisten gegeben. Eine rechte Gruppe hatte eine Demo am Bahnhof angemeldet, um gegen die Ankunft der ungarischen Flüchtlinge zu protestieren. Die Berliner Polizei steht am Montag also vor einem Großeinsatz.

Am Nachmittag mobilisiert die Pankower NPD zu einer Demo, die sich gegen die Bewohner eines Hauses am Blankenburger Pflasterweg richtet. Nach Angaben linker Gruppen ist es von Roma bewohnt. Die NPD begründete die Demo mit der angeblichen Belästigung eines 14-Jährigen Mädchens durch Bewohner des Hauses. Nach Angaben des Polizeipräsidiums sei allerdings keine entsprechende Strafanzeige bekannt.

Die Polizei nannte am Sonntag noch keine Route, diese soll erst am Montag endgültig festgelegt werden. Sie soll in der Nähe des nach Angaben linker Gruppen von Roma bewohnten Hauses am Blankenburger Pflasterweg stattfinden, aber wohl kaum direkt davor. Nach Informationen der örtlichen Antifa soll die Demo um 16 Uhr in der Blankenburger Bahnhofstraße Ecke Krugstege beginnen. Um 20 Uhr soll am Alexanderplatz eine Demo der Gruppierung "Wir für Deutschland" mit 300 Teilnehmern starten. Sie soll nach Angaben der Polizei über Otto-Braun-Straße, Greifswalder Straße und Danziger Straße zum S-Bahnhof Landsberger Allee ziehen.

Gegen beide Demonstrationen haben linke Gruppen massive Proteste angekündigt. Gegen 18 Uhr startet am Hauptbahnhof wie jeden Montag die "Bärgida"-Demo. Die Rechtspopulisten wollen mit 200 Personen zum Brandenburger Tor und zurück ziehen. Linke Gruppen haben angekündigt, auch diesen Marsch zu blockieren.

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