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Abwärts. Feuerwehrleute sichern den Unfallort in Friedenau. Bei dem diplomatischen Manöver wurden fünf Fahrzeuge beschädigt – zum Glück wurde niemand verletzt.

© Andreas Markus

Straffrei: Auf die diplomatische Tour

Ein südkoreanischer Botschaftsangestellter rammt in Friedenau zahlreiche Autos – und bleibt straflos.

Wie viel Alkohol der Mann getrunken hatte, um sein Auto seitwärts gekippt in einem Friedenauer Hauseingang zu parken, das wird man nicht erfahren. Denn der Unfallfahrer lehnte einen Promilletest einfach ab – und die Polizei musste dies akzeptieren. Der Mann zückte seinen Diplomatenpass. Der Südkoreaner hatte gegen 21.15 Uhr am Freitagabend das koreanische Lokal „Seoul Kwan“ in der Schmiljanstraße verlassen. Als Erstes schob er im Vorwärtsgang ein anderes geparktes Fahrzeug fast in dieses Lokal. Als er so nicht auf die Fahrbahn kam, legte er den Rückwärtsgang seines koreanischen Geländewagens ein, fuhr über eine Hecke, einen Mopedroller und ein Fahrrad auf die Fahrbahn. Wie es dann weiterging ist unklar, vermutlich mit Vollgas schoss der 48-Jährige einfach quer zur Fahrtrichtung los, kippte beinahe eine Treppe hinunter und verkeilte sich in einem Hauseingang.

Den Fahrer fing die Polizei nach einem Augenzeugenbericht an der nächsten Ecke ein, er wurde nach Klärung seines Status dann wegen eines Schocks sicherheitshalber in ein Krankenhaus gebracht. In den täglichen Pressedienst des Polizeipräsidiums ging der ungewöhnliche Crash ohne Nennung des besonderen Status ein: „Vier beschädigte Autos, ein Roller, ein Fahrrad, eine Hecke und eine Toreinfahrt sind das Ergebnis eines Ausparkmanövers“.

Die Polizei kennt das Kennzeichen des Landes („0-79-“) nur zu gut. Im Mai 2010 hatte ein Diplomat des asiatischen Landes in Kreuzberg ein Blumenbeet, einen Baum und einen Poller gerammt, vermutlich ebenfalls nicht nüchtern. Auch das jetzt auf die Seite gekippte Auto trug die „0-79-“. Die Null steht bei diesen Kennzeichen für das Diplomatische Corps, die 79 für die Republik Südkorea. Alle Länder, die diplomatisch in Deutschland vertreten sind, sind durchnummeriert. Die „10“ hat die Nuntiatur des Vatikan, dann geht es ab der 11 wieder im Alphabet weiter.

Horch, was kommt von draußen rein. Der Diplomatenwagen im Hauseingang.
Horch, was kommt von draußen rein. Der Diplomatenwagen im Hauseingang.

© Andreas Markus

Die Zahl der diplomatischen Verkehrssünden ist im Jahr 2010 auf einen neuen Rekord gestiegen. Waren es 2009 noch 8610 Verstöße, so summierten sie sich 2010 auf fast 15 000. Die Zahl der Unfälle stieg drastisch von 39 auf 62. Dass es für Diplomaten eher normal ist, den Unfallort zu verlassen, zeigt die Anzahl der Unfallfluchten: Die Zahl stieg von 25 auf 40; mehr als die Hälfte der Täter geht oder fährt also davon. Dies ist zwar eine Straftat, wird aber auch nicht verfolgt. Einmal im Jahr veröffentlicht die Innenverwaltung auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Peter Trapp die Liste der 10 Länder mit den meisten Verstößen. An der Spitze stehen seit Jahren Saudi-Arabien, Russland und Ägypten. Südkorea hat es in den vergangenen beiden Jahren unter die Top Ten geschafft. Allen Knöllchen ist eines gemein: Sie landen im Mülleimer, „weil sie wegen der diplomatischen Immunität nicht verfolgt werden“, wie Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kürzlich mitteilte. Immerhin addierte die Behörde brav alle Bußgelder: 156 595 Euro wurden nicht bezahlt, meist Strafzettel wegen Falschparkens.

Wie es im Präsidium hieß, sei es mal wieder Zeit, dass das Auswärtige Amt auf die schlimmsten Rüpel-Länder einwirke. Nachdem die Berliner Diplomaten 2007 über 12 000 Knöllchen gesammelt hatten, verschickte das Außenministerium eine „Rundnote“ mit der Bitte um Beachtung der Straßenverkehrsordnung. Die „Bitte“ wirkte aber nur zwei Jahre.

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