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Touristendroschken: Kutscher verunglückt

Plötzlich gingen die Pferde durch: Eine führerlose Kutsche mit drei Passagieren an Bord ist am späten Freitagabend durch Mitte gerast. Es gab einen Schwerverletzten und mehrere beschädigte Autos. Erst nach mehreren hundert Metern konnten Polizisten die Fahrt stoppen.

Schock am Zweiten Feiertag: Am Freitagabend steigt ein 36-jähriger Kutscher in Mitte an der Behren-, Ecke Glinkastraße von seiner Droschke. Plötzlich scheuen die Tiere, gehen durch, der Mann wird mitgeschleift, von seinem Kutschwagen überrollt. Die fahrerlose Droschke beschädigt vier parkende Autos und Baustellenabsperrungen. Die drei hilflosen Fahrgäste stehen große Ängste aus, sind aber unverletzt, als endlich Zivilbeamte das Gefährt an der Behren-, Ecke Friedrichstraße stoppen können. Der Fahrer muss schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden.

Möglicherweise habe der Kutscher die Bremsen nicht fachgerecht betätigt, sagte Berlins Tierschutzbeauftragter Klaus Lüdcke. Zwar werde man Verkehrsunfälle mit Kutschen nicht generell verhindern können, so Lüdcke. Doch die neuen Berliner Leitlinien zu Touristendroschken und Heiratskutschen, die Anfang 2009 in Kraft treten, sollen den zunehmenden Kutschenverkehr in der City jetzt grundsätzlich regeln. So soll verhindert werden, dass Tiere wie im vergangenen Sommer aus Erschöpfung zusammenbrechen oder, wie Lüdcke sagt, „Minderjährige, Angetrunkene oder Kutscher ohne Führerschein die Droschken steuern“.

Die neuen Leitlinien wurden von einer Arbeitsgruppe des Senats mit dem Tierschutzbeauftragten, der Amtstierärztin von Mitte, Yvonne Gall, und Vertretern der Polizei erarbeitet. „Wenn die Behörden jetzt Auflagen für Reit- und Fahrbetriebe erteilen, können die Bezirksämter bei Verstößen schnell einschreiten“, sagt Torsten Nöldner, Tierschutzreferent der Senatsumweltverwaltung. Auch Brandenburg wolle Berlins Leitlinien übernehmen: Danach dürfen die Tiere beispielsweise nicht mehr bis zu 14 Stunden auf hartem Asphalt traben, sondern höchstens neun Stunden. Dazwischen muss mindestens eine Stunde Pause liegen, bei denen die Tiere auf weichem Boden stehen. Geregelt ist auch, wie schwer die Kutschen sein dürfen, wie die Hufe beschlagen sein müssen und welches Futter gegeben werden muss. Die Kutscher müssen volljährig sein, Führerschein und eine Fahrprüfung aus dem Pferdesport vorweisen können.

Das Droschkengeschäft boomt in Berlin: Rund ein halbes Dutzend Kutschenbetreiber mit 40 Pferden auch aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und aus Wien transportieren die Tiere extra bis nach Berlin. Einige stellen ihre Pferde auf der Trabrennbahn Mariendorf unter. Auf dem Tempelhofer Damm gibt es schon ein Schild: „Achtung Pferdefuhrwerke“. 

Annette Kögel

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