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Urteil: Tempodrom-Affäre endet mit Freispruch für Ex-Chefs

Das Gericht erklärt die früheren Tempodrom-Manager Moessinger und Waehl für schuldlos. Sie seien Enthusiasten ohne bösen Willen gewesen.

Am Ende ist sie fast die Alte: Irene Moessinger spaziert aus dem Gerichtssaal, wippt in den Knien, lächelt in die Kameras und sagt auf die Frage, was sie nun machen werde: „Ich komme wieder, wie ein Phönix aus der Asche.“ Die Wirtschaftsstrafkammer, die in einem dreitägigen Prozess darüber befand, ob sie und ihr Geschäftspartner Norbert Waehl sich zu hohe Gehälter gezahlt und Gelder veruntreut hatten, erklärte die beiden am Freitag in beiden Anklagepunkten für unschuldig. „Es ist ein Freispruch erster Klasse“, sagte der Vorsitzende Richter, „hier waren zwei Enthusiasten am Werk, die großen persönlichen Einsatz zeigten, denen die Sache vielleicht über den Kopf gewachsen ist.“ Aber das sei nicht strafbar.

Mit dem Freispruch für Moessinger und Waehl endet die juristische Aufarbeitung der Tempodrom-Affäre. Ein Verfahren gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin und Ex-Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (beide SPD) war nicht eröffnet worden. Auch die Vorwürfe des Subventionsbetrugs – der Kulturbau am Anhalter Bahnhof ist fast ausschließlich aus öffentlichen Geldern bezahlt worden – wurden vor Gericht nicht untersucht.

Für die Beratung zum Urteil brauchte die Kammer nur zehn Minuten: „Bei den Angeklagten herrschte kein böser Wille und schon gar keine kriminelle Energie vor.“ Die Gehälter seien keineswegs überhöht gewesen, und auch durch die Rechnungen, die von der Stiftung und nicht von der Betreiber-GmbH bezahlt wurden, sei kein wirklicher Schaden entstanden. Dennoch sei es richtig gewesen, das Verfahren zu eröffnen, weil nur so die Vorwürfe hätten untersucht werden können. Das sah auch die Staatsanwaltschaft so, weil etwa Steuerunterlagen sonst nicht hätten eingesehen werden können.

Moessinger und Waehl nutzten die Gelegenheit, um ihre Sicht der Dinge zu schildern. Beim Tempodrom habe es sich mitnichten um ein privates Projekt der Angeklagten gehandelt, bei dem „der Waehl und die Moessinger mal endlich bauen wollten, und das schön teuer und groß“, wie Norbert Waehl sagte. Bauherrin sei die Stiftung Neues Tempodrom gewesen, deren Kapital die beiden eingezahlt hatten und die unterstützt von Öffentlichkeit und Politik den Neubau errichtete. Waehl bestritt, dass es eine Verdoppelung der Baukosten gegeben habe, und sprach von „lediglich sechs Millionen Euro“ mehr. Das sei bedauerlich, aber Berlin habe einen guten Gegenwert erhalten. Waehl verglich die Baukosten des Tempodroms mit den Sanierungskosten für die Staatsoper oder einen Castor-Transport. Für die Summen könne man mindestens vier (Oper) oder zwei (Castor) Tempodrome bauen. Moessinger wünschte unter Tränen, dass das Tempodrom „bald wieder in gute und kreative Hände kommt“.

Die politische Bewertung fällt unterschiedlich aus. Dilek Kolat, die für die SPD im Tempodrom-Untersuchungsausschuss saß, sieht in der Anklage der Staatsanwaltschaft ein „politisches Verfahren“, bei dem „mit großer Energie ins Leere gearbeitet“ worden sei. Die Anklagen gegen Sarrazin und Strieder nannte sie „abenteuerlich“. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Michael Braun (CDU), sieht in Moessinger und Waehl auch Enthusiasten, „die sich aber bescheidener hätten entlohnen können“. Braun vermisst eine Entschuldigung bei den Gläubigern, vor allem den Handwerksbetrieben, die auf ihr Geld warten. Oliver Schruoffeneger (Grüne) sagte: „Politische Affären können nicht strafrechtlich aufgearbeitet werden.“ Christoph Meyer (FDP) bewertet die Verstrickung von Moessinger und Waehl „anders anhand der Akten, die mir vorlagen“.

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