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Mutter Eva-Catrin Reinhardt findet, das neue System macht Schüler krank.

© promo

Gymnasialzeitverkürzung: Eltern wollen 13. Klasse zurück

Die Verkürzung der Regelschulzeit an Gymnasien verlangt den Schülern in den Augen vieler Eltern zu viel ab. Eine Initiative hat nun eine Petition veröffentlicht: Der Senat soll das 13. Schuljahr wieder einführen.

„Wir kriegen doch mit, wie es den Kindern geht“, sagt Eva-Catrin Reinhardt. Und was sie bei ihrer 15-jährigen Tochter, die die 10. Klasse eines Gymnasiums in Friedenau besucht, und deren Freunden beobachtet, macht ihr Sorgen: Unterricht ohne Mittagspause bis 14.15 Uhr oder länger, ein großes Lern- und Hausaufgabenpensum, steigender Leistungsdruck – und immer weniger Zeit für Hobbys und Freizeit.

Die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre habe den Schulalltag verschärft, sagt Reinhardt. Und weil sich das aus ihrer Sicht so schnell wie möglich wieder ändern soll, hat sie gemeinsam mit ihrer Mitstreiterin Claudia Balko eine Petition aufgesetzt und im Internet veröffentlicht. „Wir, eine Berliner Elterninitiative, fordern vom Berliner Senat die sofortige Wiedereinführung einer Regelschulzeit von 13 Jahren bis zum Abitur an allen Berliner Gymnasien“, heißt es darin, und weiter: „Die Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre bringt erhebliche Nachteile ... Die geforderten Leistungen können oft nur noch mit außerschulischer Unterstützung durch Nachhilfeinstitute und Eltern erbracht werden ... Dieses System macht Schüler, Lehrer und Eltern krank!“

Der Wilmersdorfer Kinderarzt Martin Karsten unterstützt die Petition. Er sehe in seiner Praxis zunehmend Kinder mit psychosomatischen Beschwerden wie Kopf- und Bauschschmerzen. Und noch etwas beobachtet der Mediziner: Es falle auf, dass viele Kinder wegen der langen Schulzeiten Bewegungsmangel haben – weil für Sport keine Zeit mehr bleibt.

Seit zehn Tagen ist die Petition im Internet abrufbar (www.petitiononline.de), rund 540 Menschen haben seitdem unterschrieben; 100 000 Unterschriften haben die Initiatorinnen als Ziel angegeben. „Weil wir bisher keine Werbung gemacht haben, sind wir mit der ersten Bilanz zufrieden“, sagt Reinhardt.

Sobald 1000 Unterschriften zusammen sind, wollen sie die nächsten Schritte planen. „Wir denken auch darüber nach, ein Volksbegehren zu starten“, sagt Eva-Catrin Reinhardt. Da sie jedoch beide beruflich stark beansprucht seien, wollten sie mit der Online-Petition zunächst testen, ob es überhaupt eine breite Basis für ihr Anliegen gibt. Gelingt es ihnen, in kurzer Zeit 1000 Unterschriften zu sammeln, wollen sie das Gespräch mit Bildungspolitikern suchen.

Seit der Senat 2006 die Schulzeit an den Berliner Gymnasien von 13 auf zwölf Jahre verkürzt hat, klagen Schüler, Eltern und Lehrer über steigenden Druck. Besonders laut wurde die Kritik in diesem Schuljahr. Weil im Sommer 2012 zwei Jahrgänge gemeinsam Abitur machen, fürchten viele Eltern um die Chancen ihrer Kinder – viele sehen jene im Nachteil, die für den gleichen Stoff nur zwölf Jahre Zeit haben. Auf einer Veranstaltung des Landeselternausschusses im Dezember hatten Eltern von gravierenden Leistungsunterschieden in den ersten gemeinsamen Klausuren beider Jahrgänge berichtet. Eine berlinweite Auswertung der Noten, welche die Senatsbildungsverwaltung daraufhin im Januar vorlegte, zeigte jedoch nur geringe Leistungsunterschiede zwischen beiden Gruppen.

Unterdessen laufen die Vorbereitungen für den für 2012 erwarteten Ansturm der Abiturienten auf Hochschulen und Lehrstellen. Mit etwa 6000 zusätzlichen Abiturienten rechnet die Bildungsverwaltung aufgrund des doppelten Jahrgangs, 1500 zusätzliche Bewerber erwarten die Berliner Hochschulen. Zum Informationsaustausch über den Stand der Vorbereitungen kamen am Dienstag Vertreter von Senatsbildungs-, Innen- und Arbeitsverwaltung, Industrie- und Handelskammer, Universitäten, Fachhochschulen, Gewerkschaften und Verbänden, Landeselternausschuss und Landesschulbeirat zusammen.

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