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Prozess: Geschäfte mit Schrottimmobilen: Neun Angeklagte vor Gericht

Eine mutmaßliche Bande soll unerfahrenen Privatleuten minderwertige Wohnungen als lukrative Steuermodelle aufgeschwatzt haben. "Geld verdienen ist nicht strafbar", verteidigt sich einer der Angeklagten vor Gericht.

Der kahlrasierte Mann mit zweifelhaftem Ruf stand im schwarzen Anzug hinter Panzerglas. Er lächelte in die Kameras. Kai-Uwe K. steht gern im Mittelpunkt. Er hatte Videos ins Internet gestellt, in denen er vor Luxuswagen wie Lamborghini und Bentley oder vor seiner Villa protzte. Das brachte dem tätowierten K. wenig schmeichelhafte Umschreibungen wie „Protzmakler“ oder „Gierschlund“ ein. Der 30-Jährige ist seit Freitag der Hauptangeklagte im Prozess um bandenmäßige Vermarktung von Schrottimmobilien.

Es sitzen acht Männer im Alter von 29 bis 53 Jahren sowie die 25-jährige damaligen Sekretärin von K. auf der Anklagebank. Drei der mutmaßlichen Betrüger befinden sich in Untersuchungshaft. Für Kai-Uwe K. klickten im Juni 2011 die Handschellen. Die Ermittler trugen mehr als 50 Vorwürfe zusammen. Gewerbsmäßiger Betrug, Urkundenfälschung, Nötigung, Beleidigung und in einem weiteren Komplex Steuerhinterziehung. Bei den Schrottimmobilien soll es um einen Schaden von rund einer Million Euro gehen. Zudem soll K. den Fiskus um 534 000 Euro gebracht haben.

Die Makler um Kai-Uwe K. arbeiteten laut Anklage nach einem perfiden System. Gier nach gigantischen Provisionen von 27 und 35 Prozent soll die Angeklagten getrieben haben. Sie hätten sich unbedarfte Privatleute mit kleinen Einkommen und wenig Einblick ins Immobiliengeschäft gesucht. Mit falschen Angaben über die Objekte und den tatsächlichen Belastungen für Käufer seien in zehn Fällen minderwertige Wohnungen als lukrative Steuersparmodelle verhökert worden. Opfer wurden laut Anklage über den Tisch gezogen und in den finanziellen Ruin getrieben. Zweimal sei es beim Versuch geblieben. In neun Fällen sollen die Angeklagten bei Banken mit gefälschten Gehaltsbescheinigungen Kredite erschlichen haben.

Ein Anruf lockte ins Firmengeflecht des protzigen Maklers: „Wollen Sie Steuern sparen?“ Auch die Eheleute S. nahmen sich etwas Zeit. Der Mann am Telefon sagte, er sei vom Bund der Steuerzahler. Es hörte sich seriös an. Ja, sie hatten Interesse an einem „Steuersparmodell“. Ein paar Tage später stand ein „Berater“ vor ihrer Tür. Im Gespräch war zunächst nicht von einer Immobilie die Rede. Es ging einzig ums Sparen von Steuern. Sie könnten jederzeit aussteigen, sie hätten lediglich eine monatliche Eigenleistung in Höhe von 69 Euro aufzubringen. Ein Mitarbeiter der Immobilienfirma fuhr die Eheleute S. zum Unternehmen und von dort gleich zu einem Notar. Seitdem hatte das Paar 141 000 Euro Schulden und zahlt monatlich 865 Euro.

Notare, die bei Geschäften mit Schrottimmobilien mitmachen. Auch darum wird es in dem Großverfahren gehen. „Mich hat gewundert, dass die Notare nicht mit auf der Anklagebank sitzen“, sagte Jürgen Blache von der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger am Rande des Prozesses. Die Rolle von Notaren bei dubiosen Immobiliengeschäften steht in der Diskussion. Michael Braun (CDU) hatte als Justizsenator nach wenigen Tagen im Amt um Rücktritt gebeten. Er war in Verdacht geraten, ähnliche Verträge beurkundet zu haben. Diese haben mit dem jetzigen Verfahren nichts zu tun.

K. droht eine langjährige Haft. Er und die Mitangeklagten verweigerten zunächst die Aussage. „Es ist die Frage, ob das, was getan wurde, strafbar ist“, sagte ein Verteidiger. Es sei niemand zu etwas gezwungen worden. Und die kassierten 35 Prozent Provision? „Geld verdienen ist nicht strafbar“, erklärte K.s Anwalt. Der Prozess geht am Mittwoch weiter.

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