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Prozess in Berlin: Ex-Lehrer wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht

Ein ehemaliger Lehrer einer Berliner Waldorfschule steht vor Gericht. Seine Tochter hatte Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs erstattet.

Bedächtig schlug Johannes G. eine schwarze Mappe auf, die vor ihm lag. Er, der bis vor drei Jahren Lehrer einer Berliner Waldorfschule war, hatte sich auf den Prozess mit einer umfangreichen Erklärung vorbereitet. Vier seiner fünf Kinder soll er missbraucht haben. Der erste Fall liegt laut Anklage mehr als 20 Jahre zurück. Neun Übergriffe soll es zwischen 1992 bis 2004 gegeben haben. Der 52-Jährige gestand nun eine verbotene Liebesbeziehung zu einem Mädchen. Alles andere nannte er verharmlosend „Grenzüberschreitungen“.

Der studierte Musiker sprach eine Stunde lang – voller Selbstmitleid. Als Kind sei er Opfer sexueller Übergriffe geworden, begann der 52-Jährige. In einem berühmten Knabenchor sei es durch ältere Jungen geschehen, in der Familie habe sich ein Onkel in ihn verliebt. Mit 21 Jahren habe er seine spätere Frau kennengelernt. Sie brachte zwei Kinder mit in die Ehe, die er adoptierte. Sie bekamen noch zwei gemeinsame Töchter und einen Sohn. Der damalige Lehrer sagt, er sei oft überfordert gewesen – in der Arbeit und der Familie.

Die älteste Adoptivtochter soll er vergewaltigt haben, als sie 13 oder 14 war. Der Angeklagte sagte, er habe sie geliebt und nichts mit Gewalt erzwungen. „Aber ich hätte die Grenzen erkennen müssen.“ Bei den anderen Kindern habe es zwar Berührungen im Intimbereich gegeben, doch er habe dabei keine sexuellen Absichten verfolgt, so der Ex-Lehrer. Bei dem Sohn sei es ein „ungeschickter Aufklärungsversuch“ gewesen. Die Jüngste habe er am ganzen Körper geküsst, weil er sie „so schön fand“. Und bei der weiteren Tochter habe er kontrollieren wollen, ob es Sex mit dem Bruder gab.

Die jüngste Tochter, heute 24 Jahre alt, hatte Ende 2011 Anzeige erstattet. Als die Vorwürfe gegen G. bekannt wurden, reagierte die Schule sofort. G. verlor seinen Job. Alle Eltern wurden informiert. Weitere Vorwürfe des Kindesmissbrauchs konnten aber nicht festgestellt werden. G. lebt inzwischen an der Ostsee als Musiker. Seine Kinder sind sich einig: Eine Bewährungsstrafe sei zu wenig für den Vater. Und es gehe darum, dass er „nie wieder mit Kindern arbeiten darf“.

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