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Richter greift durch: Vier Kriminelle wegen Folter in Jugendhaft verurteilt

Vier junge Männer haben wochenlang ihre Mithäftlinge in der Jugendstrafanstalt Plötzensee drangsaliert. Den Beamten fielen die Quälereien nicht auf, weil Personal fehlte. Die Verteidigung spricht von einer Mitschuld der Justiz.

Gegröle, Gelächter, Tumult im Gerichtssaal. Fassungslos machte, was sich im Prozess gegen vier junge Kriminelle abspielte. Kaum war das Urteil wegen einer Serie von Quälereien in der Jugendstrafanstalt verkündet, zeigten sich drei der Männer unglaublich renitent. Sie stimmten ein in die Störungen ihrer Kumpels auf den Zuhörerbänken, sie pöbelten. Bis der Richter sie und die Fangemeinde aus dem Saal entfernen ließ.

Sie sollten erzogen werden, doch Jan Se., Kevin T., Deniz R. und Oguz S. konnten sich im Jugendgefängnis als ein Folter-Quartett aufspielen. Sieben Wochen fiel den Bediensteten nicht auf, dass sie Insassen drangsalierten. Opfer, die keinen „Schutzengel“ hatten, psychisch oder körperlich schwach waren, erniedrigten und quälten sie. Intensivtäter Se., 21, und Mehrfachtäter T. hätten sich durch Drohungen und Schläge „als Herren der Station gefühlt“. Im Sommer hatten sie leichtes Spiel. „Die Kontrollmaßnahmen waren aufgrund von Urlaub und Krankheit völlig unzureichend“, so der Richter. Ein Zeuge wurde zitiert: „Wenn da einer um Hilfe ruft, kriegt das keiner mit.“ Es ist den Bediensteten auch nicht gelungen, andere Häftlinge vor Quälereien zu schützen. Ihre Opfer bekamen Faustschläge ins Gesicht oder in den Nacken. Zitronensaft wurde einem Mithäftling in die Augen geträufelt; eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt. Andere sollten sich gegenseitig ohrfeigen. Einer der Täter ließ mehrfach die Hose herunter und drohte mit sexueller Gewalt. Kevin T. zeigte einem psychisch labilen Mann ein Seil: „Los, häng dich auf.“ Lange schwiegen die Opfer, bis einer von ihnen doch zu einem Beamten ging.

Laut Verteidigern liegt ein Mitverschulden der Justiz vor, das sei strafmildernd zu berücksichtigen. Das Jugendgericht zeigte Härte. Bei drei der Angeklagten habe man keine Reue gesehen. Schon gar nicht bei T.: „Ich hoffe, ihr klappt alle um und verreckt“, hatte er in Richtung der Richter gepöbelt. Es gab sieben Monate bis fünfeinhalb Jahre Haft. K.G.

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