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Zum Schulstart einen Ranzen. An der Lenau-Schule tragen etliche Erstklässler diesen ab Freitag in neue Klassenzimmer.

© dapd

Lenau-Schule: Der neue Mix soll es richten

An der Lenau-Schule in Kreuzberg wird der Konflikt um die ethnische Mischung in den Anfängerklassen geregelt. Die Erstklässler tauschen jetzt die Klassen. Die Eltern gehen aufeinander zu und betonen Gemeinsamkeiten.

Erschöpft sehen sie aus, die Eltern und Lehrer, die am Montagnachmittag die Lenau-Schule in Kreuzberg verlassen. Ihre Gesichter sind verschwitzt, und das liegt nicht nur an der Hitze, die drückend über der Stadt liegt. Eineinhalb Stunden haben sie zusammen mit der Schulleitung diskutiert, wie es mit den Anfängerklassen jetzt weitergehen soll. Einige wütende Vorwürfe habe es zwar gegeben, doch vorherrschend sei der Wunsch gewesen, gemeinsam eine gute Lösung zu finden, berichten Teilnehmer anschließend. Und in einem Punkt scheinen sich alle Eltern einig zu sein: Eine Aufteilung in „wir“ und „ihr“, in „Deutsche“ und „Migranten“, das wollen sie nicht – weder in den Klassen, noch im Sprachgebrauch.

Rektorin Karola Klawuhn erklärt schließlich, was auf die Erstklässler in den beiden umstrittenen Klassen jetzt zukommt. Zehn Kinder mit deutscher Muttersprache aus der Klasse A3 wechseln ab Freitag in die Klasse A6, in der bisher kein muttersprachlich deutsches Kind war. Und aus der A6 wechseln sechs Kinder in die A3, die bisher einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Schülern mit deutscher Muttersprache hatte.

„Natürlich werde ich das mittragen“, sagt ein Vater, dessen Kind bis jetzt in die A3 gegangen ist. „Wir haben uns doch bewusst für die Lenau-Schule entschieden, weil wir unsere Kiezschule unterstützen wollten.“ Die unausgewogene Mischung in der Klasse seines Kindes sei nicht in seinem Sinne gewesen, ganz im Gegenteil. „Als ich das erfuhr, dachte ich auch, da stimmt was nicht.“ Mitgenommen wirkt er, besonders der Vorwurf, die „deutschen Eltern“ hätten der Schulleitung Bedingungen gestellt, hat ihn gekränkt. Er wendet sich wieder einer Mutter aus der A6 zu. Gemeinsam nach vorn blicken, sich als Schulgemeinschaft begreifen, das ist der Tenor des Gesprächs.

Auch die Mütter aus der A6, die gegen die unausgewogene Mischung protestiert haben, scheinen mit der jetzt gefundenen Regelung zufrieden. Großes Entgegenkommen habe sie gespürt, sagt Vera Vordenbäumen vom Bezirkselternausschuss. Viele Eltern seien traurig über die Unruhe, doch sie akzeptierten den Wechsel. Das Wichtigste sei jetzt, die Kinder bei ihrem Schulstart gut zu begleiten. Noch gebe es offene Fragen, Verunsicherungen und auch Verletzungen auf allen Seiten – deshalb gibt es am Donnerstag erneut eine Elternversammlung.

Nachdenklichkeit auch bei Eltern aus den Anfängerklassen, in denen die ethnische Mischung ausgeglichener ist. „Ich selbst war damals in einer reinen Ausländerklasse, und das war nicht gut“, sagt eine Mutter. „Mir tun die Kinder leid, die jetzt so einen Schulstart haben“, eine andere Mutter. „Ordnen Sie mich ein, wie Sie wollen, ich bin halb deutsch und halb türkisch“, sagt sie und lächelt.

Karola Klawuhn erläutert noch einmal, wie es zu der Konstellation in den Anfängerklassen gekommen sei. Auch für die A6 seien deutsch-muttersprachliche Kinder vorgesehen gewesen, doch nachdem die Klassen im Juni eingeteilt worden waren, hätten sich die Eltern doch noch für andere Schulen entschieden. Die Mischung sei zudem nur für ein Jahr gedacht gewesen. Denn im nächsten Jahr werden die Erstklässler, die jetzt die Plätze tauschen, ohnehin zusammen in eine Klasse kommen. Die Schule schafft nämlich das jahrgangsübergreifende Lernen ab und führt die beiden Erstklässlergruppen dann in einer zweiten Klasse zusammen.

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