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Facebook-Journalismus: Wahrnehmen und ernstnehmen

Am "Tag der Talente" des Bundesbildungsministeriums hat Tagesspiegel.de Schüler gebeten, einen Kommentar über Journalismus im Internet zu schreiben. Was Liliann Hejjas zum Thema soziale Netzwerke meint, lesen Sie hier.

Es klingt wie ein Widerspruch: Facebook, ein Netzwerk für junge Leute, subjektiv und kurzlebig, soll ebenjenem Publikum das bieten, was bisher die Tageszeitung bot. Durch Fanseiten und die Verlinkung von Artikeln wird ein breites Spektrum angesprochen, der tägliche Zeitungskauf wird überflüssig.

Aber wird er das wirklich? Wie groß ist das Interesse danach wirklich, was auf Facebook steht? Gehen Pinnwandeinträge von Tagesspiegel oder Spiegel Online eventuell unter zwischen Einträgen von Freunden, übers Kochen oder Spiegeleier braten?

Praktisch jeder kennt Facebook und der größte Teil besitzt auch einen Account. Alt und Jung, Menschen jedes Schlages finden sich dort. Dementsprechend liegt die Vermutung nahe, dass Facebook auch eine gute Plattform für Nachrichten und Online-Zeitungen ist oder zumindest sein kann. Aber Facebook ist kurzlebig. Wer sich die Mühe macht und alle halbe Stunde schaut, ob neue Artikel veröffentlicht wurden, wird sicher seinen Nutzen daraus ziehen, wenn sich Tageszeitungen verlinken. Aber man ist es schnell leid, sich tausende Banalitäten anzutun, nur um zwischen vielem Unsinn einen nützlichen Link zu finden. Dann hat man zwar noch einen Account, nutzt ihn aber praktisch nicht mehr. Solche passiven User von Facebook sind leider häufig die, die sich für seriöse Artikel interessieren würden. Haben sie sich aber einmal von Facebook abgewendet, haben sie oft nicht mehr den Willen, neu einzusteigen.

Wollen also Tageszeitungen Facebook als Sprungbrett für eine breitere Leserschaft nutzen, müssen sie sich darüber im Klaren sein, wen sie damit ansprechen können. Sie sollten dafür sorgen, dass auch die "Anti-Facebook"-Fraktion, die vom Banalen Gelangweilten, nicht vernachlässigt wird. Und sie müssen beachten, unter welchen Bedingungen sie User für sich gewinnen. Versucht man, eine möglichst breite Masse anzusprechen, muss man das bringen, was die Mehrheit interessiert, und das ist zumeist nicht Politik oder Wirtschaft. Dennoch dürfen Investitionen in Facebook nicht darin ausarten, seriöse Mitteilungen zu Klatschnachrichten verkommen zu lassen. Dem muss sich die Presse bewusst sein, sonst läuft sie Gefahr selbst zu einer Banalität zu verkommen, als eine erneute Mitteilung zwar wahrgenommen, aber nicht mehr ernst genommen zu werden.

Liliann Hejjas

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