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Langjähriger Pädagoge: Missbrauchsverdacht gegen Kreuzberger Waldorf-Lehrer

Die Kreuzberger Waldorfschule suspendierte bereits im Dezember einen langjährigen Mitarbeiter. Der Pädagoge sah sich bereits vor Jahren mit Vorwürfen konfrontiert.

Berlin - Die Entlassung eines Lehrers von der Waldorfschule in Kreuzberg verursacht derzeit Wirbel. Der Mann steht im Verdacht des sexuellen Missbrauchs an seiner Ziehtochter. Bereits im Dezember suspendierte die Schule den langjährigen Pädagogen, wie jetzt öffentlich wurde. „Eine weitere Zusammenarbeit war nicht mehr möglich“, sagt Martina Plümacher, die Geschäftsführerin der Kreuzberger Schule. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet.

Die Information über die Strafanzeige erhielt die Schule direkt aus dem Umfeld des suspendierten Musiklehrers. Derzeit läuft das Kündigungsverfahren gegen den Pädagogen, der allerdings bereits mit einer Klage gegen die Entlassung drohte. „Das ist aus arbeitsrechtlichen Gründen ein schwieriges Verfahren“, äußert sich Bernd Ettich vom Elternvorstand. Seit zehn Jahren besuchen seine Kinder die Schule. Am Anfang sei natürlich die Aufregung unter den Eltern groß gewesen, berichtet der Vater. Aber nachdem keine Missbrauchsfälle ans Licht kamen, hätten sich die Wogen geglättet. „Wir sind zunächst sehr froh und erleichtert, auch wenn wir natürlich keine Sicherheit haben, dass nicht doch etwas passiert ist.“

Die Aufregung ist verständlich. Denn es waren nicht die ersten Vorwürfe gegen den Pädagogen. Bereits auf einer Klassenfahrt im Jahr 1994 soll es einen Vorfall gegeben haben. Damals betreute der Lehrer eine 4. Klasse auf einer Schulfahrt. Hier soll es zu Gute-Nacht-Küssen auf den Mund gekommen sein. Auch von Nacktbaden ist die Rede. Im Anschluss verließ der Pädagoge jedoch Berlin und kehrte erst zwei Jahre später an die Kreuzberger Schule zurück. Als sich die ehemaligen Schüler der Klassenfahrt jedoch weigerten, von dem betreffenden Lehrer unterrichtet zu werden, strengte die Schule eine Mediation an. Nach Angaben der Schule konnten die Probleme damals, gemeinsam mit Eltern, Schülern und Lehrern „ausgeräumt“ werden. „Es gilt zunächst immer die Unschuldsvermutung“, sagt Martina Plümacher, die erst seit einem Jahr im Amt ist und die damaligen Ereignisse nach eigenem Bekunden nur schwer bewerten kann. Im Kollegenkreis war der Pädagoge jedenfalls beliebt, zeigte viel Engagement. „Ich persönlich habe ihn nicht gut gekannt, aber er war auch nicht sehr auffällig.“

Den allgemeinen Umgang mit dem Fall sieht Detlev Hardorp, Sprecher der Waldorfschulen Berlin-Brandenburg, gut gelöst. Die Schule sei im Dezember sofort auf die Eltern zugegangen und habe Konsequenzen gezogen. Auch die Arbeitsgruppen, die zum Thema gegründet wurden, seien wichtig gewesen, sagt Hardorp.

In Zukunft will man in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund „Kind im Zentrum“ ein Kinderschutzkonzept entwickeln. Schon bei der Mediation hatten die Schule und die Beratungsstelle zusammengearbeitet. Von dort ist jedoch Kritik zu hören. „Bevor in der Öffentlichkeit die vielen Missbrauchsfälle öffentlich geworden sind, ist man bei vielen Institutionen allgemein zu gutgläubig gewesen“, sagt Leiterin Sigrid Richter-Unger. Manches bewege sich in sehr sensiblen Bereichen zwischen Nähe und Grenzüberschreitungen. Sie hätte sich beim ersten Verdacht ein konsequenteres Eingreifen der Schulleitung gewünscht. Jonas Breng

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