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Leserkommentare im Netz: Jenseits von Saucool

Am "Tag der Talente" des Bundesbildungsministeriums hat Tagesspiegel.de Schüler gebeten, einen Kommentar über Journalismus im Internet zu schreiben. Was Lisa-Sophie Meyer und Robert Wriedt zum Thema Leserkommentare meinen, lesen Sie hier.

"Find ich gut!"  Der Austausch von Meinungen mittels kurzer Nachrichten ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Teil unserer sozialen Umgebung geworden. Selten drücken wir uns so knapp aus, wie beim Kommentieren und "Liken" von Statusmeldungen. Auch die Diskussion über die Abendplanung wird kurz formuliert. Doch sitzen wir uns gegenüber, so erwarten wir voneinander ausformulierte, fundierte Thesen. Allerdings kann kein Nutzer sozialer Netzwerke leugnen, dass selbst ein kurzer, nicht einmal grammatikalisch richtiger Kommentar unter einer noch so unbedeutenden Statusmeldung ihn in gewisser Weise erfreut. Für den Nutzer gilt: Ein Kommentar ist besser als kein Kommentar. Man möchte gelesen werden und wer gelesen werden möchte, der will auch wissen, was seine Leser über das Geschriebene denken; die Frage jedoch, wie relevant diese Kommentare sind, bleibt im Raum.

Seit ein paar Monaten gibt es die Möglichkeit der schnellen Resonanz in sozialen Netzwerken jeglicher Art, die bekannteste Form ist der Like-Button auf Facebook, mit dem der Nutzer seine Sympathien dem Gelesenen gegenüber äußern kann. Mittlerweile bieten auch die Onlineausgaben vieler Zeitungen diese Gelegenheit ihren Lesern an. Man erhofft sich davon eine möglichst ausführliche Rückmeldung. Die Folge: Hundert nach oben zeigende Däumchen oder Kurzkommentare wie "nett" oder "saucool" sind das Gegenteil von konstruktiver Kritik. Ziehen wir den Vergleich zu den Leserbriefen, deren Popularität in der Schnelllebigkeit der Internetkommentarfunktion rapide abgenommen hat. Die Arbeit, die sich ein geneigter Leser mit dem Ausformulieren und Produzieren von Thesen macht, ist mit den wenigen Worten und Klicken beim Erstellen eines Onlinekommentars kaum zu vergleichen. Positiver Nebeneffekt dabei ist, dass man sich nur den Themen widmet, die einen wirklich interessieren und zu denen man ehrlich und fundiert etwas zu sagen hat.

Das wahllose Kommentieren durchdachter Artikel ist ein Zeichen geistiger Verarmung, die weder, dem Journalisten, noch dem Leser einen Vorteil einbringt. Bei dem immensen Angebot an Informationsquellen im World Wide Web, ist es für den Leser wichtig, zwischen seriösem und populistischem Journalismus unterscheiden zu können. Genauso wichtig für den Journalisten ist jedoch auch die Resonanz der Leser. Ist seine Aufbereitung von Informationen erfolgreich? Wie nehmen die Leser seine Texte auf?

Bietet der Journalist die Möglichkeit der Resonanz, so muss diese ernst genommen werden. Die Sicherheit, im Internet seine Identität geheim zu wissen, macht es leicht, wahllose Kommentare zu annähernd jedem Thema abzugeben. Diese Sicherheit sollte jedoch kein Freibrief für das Nutzen der Kommentarfunktion sein, vielmehr sollte das vielfältige Angebot als Anregung genommen werden, sich konstruktiv in eine Debatte einzubringen.

Nehmen wir die Möglichkeiten wahr, aber missbrauchen wir sie nicht. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Kommentarfunktion ist von einem mündigen Leser genauso zu erwarten wie die Höflichkeit im direkten Gespräch.

Lisa-Sophie Meyer, Robert Wriedt

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