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Abitur

© Rainer Weisflog

Prüfungssorgen: Ein Abi für alle

Politiker diskutieren, wie viel Zentralismus das Gymnasium braucht.

Politiker der Union fordern ein bundesweites Zentralabitur in den Fächern Deutsch und Mathematik. Die CDU-Minister sehen in einem Zentralabitur einen besseren Leistungsvergleich über die Ländergrenzen hinweg und eine Stärkung des Wettbewerbsföderalismus.

Abweichend von solchen Stimmen lehnt der hessische Ministerpräsident Roland Koch ein bundesweites Abitur ab. Ein Zentralabitur widerspreche der föderalistischen Ordnung der Bundesrepublik in Bildungsfragen. Sinnvoller sei es, über gemeinsame Bildungsstandards eine weitere Annäherung zu bekommen. Auch der Präsident der Kultusministerkonferenz, Jürgen Zöllner (SPD), hält ein Zentralabitur „nicht für einen entscheidenden Ansatzpunkt“, um bundesweit mehr Vergleichbarkeit zu erreichen. Vielmehr müsse die KMK bei ihrer nächsten Sitzung im Oktober über das weitere Vorgehen bei den bundeseinheitlichen Bildungsstandards beraten. Als Berliner Bildungssenator kündigte Zöllner an, über Berlin hinaus mit Brandenburg ein gemeinsames Zentralabitur in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik für das Jahr 2010 vorzubereiten.

Ablehnung für ein bundesweites Zentralabitur kommt auch aus dem SPD-regierten Rheinland-Pfalz. Der Staatssekretär im Bildungsministerium, Michael Ebling, erklärte, „mit den Einheitlichen Prüfungsanforderungen (EPA) für das Abitur der Kultusministerkonferenz gibt es bereits Qualitätsstandards, die eine Vergleichbarkeit bei der allgemeinen Hochschulreife sicherstellen“.

In der Tat sorgen die EPA in der Oberstufe seit Jahren für Vergleichbarkeit zwischen den Ländern. Außerdem gibt es Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz, dass bis zum Abitur die Fächer Deutsch, Mathematik, eine Fremdsprache und eine Naturwissenschaft durchgehend belegt werden müssen. Einen Qualitätsgewinn könne er durch ein bundesweites Zentralabitur deshalb nicht erkennen, sagte Ebling. Vielmehr stärke die Einheit von Unterricht und Prüfungen auf Landesebene die pädagogische Arbeit an den Gymnasien.

Der Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Bildungsministerium Wolfgang Meyer-Hesemann (SPD) sagte: „Schleswig-Holsteins Schüler müssen den Vergleich mit den Süd-Ländern überhaupt nicht scheuen. Deshalb stehen wir dieser Diskussion offen gegenüber.“

Jan-Hendrik Olbertz, parteiloser Kultusminister aus Sachsen-Anhalt und Koordinator der Unionsländer in der KMK, erklärte, eine Neubewertung der inhaltlichen Gemeinsamkeiten und Standards im Abitur sei vielversprechend, müsse aber nicht gleich in einem Zentralabitur münden. Ein Zentralabitur werfe nicht nur große organisatorische Schwierigkeiten auf, sondern könne auch Konflikte zwischen den Ländern heraufbeschwören.

Deswegen sei er für eine langsamere Gangart, sagte Olbertz. Im Herbst werde die Kultusministerkonferenz voraussichtlich darüber diskutieren, ob die 265-Stunden-Regelung, die bis zum Abitur von jedem Bundesland garantiert werden muss, aufgehoben oder geändert werden soll. Die 265-Stunden-Regelung ab der fünften Klasse bis zum Abitur war nach der Wiedervereinigung eingeführt worden, um vergleichbare Anforderungen zwischen den Ländern zu gewährleisten, die das Abitur nach 12 Jahren ermöglichen, und denen, die das Abitur nach 13 Jahren abnehmen. Im Zuge der Schulzeitverkürzung verlangen inzwischen aber alle Länder das Abitur nach 12 Jahren – die 265-Stunden-Regelung könnte deshalb flexibilisiert werden. Die Kultusminister könnten darüber diskutieren, welche Maßnahmen im Interesse von mehr Mobilität stattdessen getroffen werden könnten, erklärte Olbertz.

Vor kurzem hatte Bundeswissenschaftsministerin Schavan gefordert, im Interesse der Mobilität einheitliche Bildungsstandards in den wichtigsten Fächern und auf ihnen aufbauend einheitliche Schulbücher in allen Bundesländern einzuführen. Bisher gibt es Bildungsstandards in Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch, Biologie, Physik und Chemie. Diese Standards gelten jedoch nur für die Mittelstufe bis zur zehnten Klasse, aber nicht für die gymnasiale Oberstufe.

Würde man über die länderspezifischen Zentralabiture hinausgehen, so würde das schriftliche Prüfungsarbeiten in Deutsch und Mathematik erfordern, die in jedem Land mit denselben Inhalten an einem einheitlichen Termin abgenommen werden müssten. Das hätte weitreichende Folgen für das Verkehrsaufkommen in Deutschland.

Uwe Schlicht

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