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Schule: Frust am Gymnasium

Die Schulzeitverkürzung an Gymnasien wird zunehmend zum Ärgernis. Aktuell sind es die Zusatzbelastungen in der Abiturphase, die die Betroffenen gegen die Reform aufbringen.

Am Donnerstag warnte Landeselternsprecher André Schindler vor einer Benachteiligung der Gymnasien gegenüber den Sekundarschulen, die das Abitur weiterhin in 13 Jahren ablegen.

Jüngster Stein des Anstoßes ist die Entscheidung von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), wonach Gymnasiasten mehr Kurse in die Abiturnote einfließen lassen müssen als die Sekundarschüler. Schindler stellte sich demonstrativ hinter den Verband der Oberstudiendirektoren, der seine „verfassungsrechtlichen Bedenken“ am Vortag öffentlich gemacht hatte.

Hintergrund des Streites ist die Tatsache, dass Gymnasiasten in den Klassen 11 und 12 wegen der Schulzeitverkürzung künftig bis zu sieben Kurse zusätzlich belegen müssen, damit ihr Abitur von der Kultusministerkonferenz (KMK) anerkannt wird. Zöllner teilt die Befürchtung etlicher Schulleiter, dass die Schüler diese Zusatzkurse nur „absitzen“ würden, wenn sie sie nicht in die Abiturnote einbringen könnten. Deshalb schlug er als Kompromiss vor, dass von den sieben Kursen vier in die Abiturnote einfließen sollten. Bei den Sekundarschülern bliebe alles beim Alten, da es bei ihnen ja keine Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre gibt.

Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren rechnet damit, dass Eltern gegen diese Ungleichbehandlung klagen werden: Er weist darauf hin, dass sich die Durchschnittsnote im Abitur erheblich ändern kann, wenn man mehr Kurse einbringen muss. Das aber hätte erhebliche Auswirkungen auf den NC und damit auf die Wartefristen an den Universitäten.

Es könne durchaus sein, dass Eltern klagen werden, urteilte gestern auch die Direktorin des Gymnasiums Steglitz, Michaela Stein-Kramer. Sie selbst hält die von Treptow beanstandete „Ungleichbehandlung“ allerdings für das kleinere Übel im Vergleich zu der Variante, dass die Schüler sieben Kurse nur „absitzen“. Im übrigen sei aber „die Wurzel allen Übels“ nicht Zöllner, sondern die KMK, die darauf beharre, dass trotz der Schulzeitverkürzung die gleiche Anzahl von Wochenstunden erbracht werden müsse. Das sei „schülerfeindlich“, findet Stein- Kramer. Sie hofft, dass die KMK umdenkt.

Schlimmer als die KMK sei das lange Wegducken der Bildungsverwaltung, befand dagegen ein Zehlendorfer Direktor. Durch die lange Vakanz der Leitungsposition im Referat für Gymnasien seien wichtige Entscheidungen nicht gefällt worden. Der zuständige Abteilungsleiter hätte diese Personalie früher entscheiden müssen, monieren auch andere Direktoren.

Die GEW-Vorsitzende Rose-Marie Seggelke hatte gestern anderes im Sinn: Niemand sei gezwungen, das Gymnasium zu besuchen: Das Abitur könne man ebenso an den neuen Sekundarschulen ablegen.

Susanne Vieth-Entus

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