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Superuni: Die Wissenschaft wartet

Zöllner verhandelt weiter über die Superuni. Die Gefahr besteht, dass Forscher frustriert aufgeben.

Kommt die Superuni? Für Berlins Forscher geht die Hängepartie weiter. Denn Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat zwar versprochen, mit seinem Masterplan Forschungsprojekte fördern zu wollen. Doch diese Förderung soll über eine neue Superuni abgewickelt werden – gegen die sich die Unis wehren. Weil die Perspektiven unklar sind, steht aber zu befürchten, dass sich Forscher, die an im Elitewettbewerb knapp gescheiterten Clustern beteiligt sind, bald frustriert in alle Winde zerstreuen, wie ein Wissenschaftler sagt.

Wie schwierig die Lage ist, zeigte die Sitzung des Akademischen Senats (AS) der TU am Mittwoch. Nur nach langen Diskussionen bekam das Cluster Human-Centric Communication („HC 3“) des Professors Adam Wolisz als Innovationszentrum eine Förderung von 300000 Euro zugestanden. Auch, damit die bereits existierende kleine Graduiertenschule des Clusters weiterlaufen kann, wie TU-Vizepräsident Johann Köppel dem Tagesspiegel sagte. Diese Summe, als kleiner Anschub gedacht, beträgt nur einen Bruchteil dessen, was das Cluster im Elitewettbewerb bekommen hätte, wenn es nicht knapp gescheitert wäre, nämlich jährlich um 6,5 Millionen Euro. Das Präsidium musste dem AS versprechen, dass die an HC 3 beteiligten Wissenschaftler sich um einen Sonderforschungsbereich und eine Graduiertenschule bei der DFG bewerben werden. Aus Bordmitteln der TU ist das Projekt nicht zu finanzieren.

Würde Zöllner die Bewilligung von Geld aus dem Masterplan nicht an die Verhandlungen um die Superuni binden, könnte er der TU leicht aus der Klemme helfen. Denn Berlins Uni-Präsidenten sind sich einig: Das HC-3-Cluster wäre eine gute Kandidatin für den Masterplan.

Ebenso haben sich die Präsidenten Anfang der Woche auf weitere würdige Kandidaten verständigt, die im Elitewettbewerb zwar die Vorrunde überstanden, aber am Ende nicht über die Ziellinie gingen: Die Lebenswissenschaften, die im Mittelpunkt des gescheiterten Zukunftskonzepts der HU stehen, sollen gefördert werden – und sich nun aber noch enger mit FU und TU vernetzen. Weitere Kandidaten sind das Cluster „Security and Risk“ das im Elitewettbewerb von dem HU-Politologen Herfried Münkler beantragt wurde. Das im Elitewettbewerb von dem HU-Physiker Jürgen Rabe eingereichte Konzept für ein Cluster „Materials in New Light“ soll nun Teil eines großen Materialforschungsprojekts der drei Berliner Unis und des Max-Born-Instituts der Leibniz-Gemeinschaft werden. Aus Sicht von TU-Vizepräsident Köppel eine erfreuliche Wendung: Im Elitewettbewerb waren die drei Physik-Institute noch als Einzelkämpfer angetreten. Die Präsidenten wünschen ferner die Förderung des Clusters „Successful Learning“, das die FU-Erziehungswissenschaftler Bettina Hannover und Michael Eid im Elitewettbewerb beantragt hatten, sowie das damals von dem FU-Politologen Thomas Risse beantragte Cluster „Governance in a Globalized World“, das jetzt auch noch die transregionalen Studien im Arbeitstitel trägt. Außerdem soll es ein nicht im Elitewettbewerb angetretenes Projekt zur Nanomedizin geben, an der auch die Berliner Uni-Chemie beteiligt wäre. Der Senat stehe diesem Paket aufgeschlossen gegenüber, war von Teilnehmern der Gesprächsrunden zu hören.

Jedes dieser Cluster bekäme jährlich drei bis vier Millionen Euro. Erwartet wird, dass Zöllner jährlich bis zu 35 Millionen Euro für die Superuni ausgeben will. So blieben nach Förderung der Cluster mindestens weitere sieben Millionen Euro jährlich übrig. Damit könnte der Senator Akzente setzen: etwa mit sehr teuren Berufungen.

Unter dem Arbeitstitel IFAS (International Forum of Advanced Studies Berlin) wünscht er die uniübergreifende „Schaffung einer Hochschule neuen Typs“ mit Master- und Promotionsstudiengängen und hauptamtlicher Leitung, wie er im Dezember noch einmal in einem Papier für das Abgeordnetenhaus erklärte. Diese Uni würde auch die strategische Forschungsplanung für Berlin übernehmen. Dagegen haben die FU und TU im November ihren Gegenvorschlag einer Stiftung „Top Science Berlin“ gestellt, die Projekte fördern soll.

Wo genau die HU in Sachen Superuni steht, blieb auch nach einer von der Berliner Grünen-Fraktion veranstalteten Diskussion am Donnerstag im Abgeordnetenhaus unklar. HU-Präsident Christoph Markschies begrüße „nachdrücklich die institutionelle Bündelung der Spitzenforschung“ wie Zöllner sie plane, referierte Sandra Westerburg, Leiterin des Präsidialamts, die Meinung des Präsidenten. Das bedeute aber nicht, dass Markschies für das von Zöllner geplante Institut sei.

Krista Sager, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, kritisierte den „Automatismus“, mit dem in Berlin nun alle im Exzellenzwettbewerb durchgefallenen Projekte zum Zuge kommen sollen. Diese müssten sich erneut in einem Wettbewerb mit weiteren Projekten im peer review bewähren. Die Idee einer Wissenschaftsstiftung für Berlin, die sowohl in Zöllners Plan als auch im Plan von TU und FU vorgesehen ist, sei aber „sehr gut“, um das Geld vor politischen Unwägbarkeiten zu schützen. Noch besser sei eine Stiftung mit Kapitalstock. Dort könne Berlins Senat zum Beispiel jeweils einen bestimmten Teil von Erlösen durch Grundstückverkäufe einzahlen. Mit einer Superuni würden aber „Ankopplungsmöglichkeiten“ für dort nicht vertretene Projekte „verstopft“ und die grundständige Lehre um faszinierende Dozenten gebracht.

Teilnehmer an den Gesprächen mit Zöllner hoffen, dass im April eine Entscheidung fällt. Schließlich steht der Senator unter Druck: Die im Haushalt Berlins bereits eingestellten Millionen müssen abfließen.

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