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Schüler am Hannah-Ahrendt-Gymnasium in Rudow setzen iPads im Unterricht ein.

© Kai-Uwe Heinrich

Tablet-Computer an Schulen: Die Tafel, die alle wischen wollen

Berliner Schulen testen den Einsatz von iPads und Tablet-Computern. Die Schüler sind begeistert, die Lehrer skeptisch.

Dieses Mal sitzen die Schüler nicht mit den Rücken zueinander im Computerraum, sondern an den Tischen in der Mitte des Raumes, einander zugewandt. Vor ihnen liegen schwarz glänzend acht neue iPads. In Zweier- und Dreiergruppen basteln die Schüler damit einen digitalen Comic, den sie mit einem Klick per Beamer an die Wand werfen.

Jörg Nowack, Englischlehrer am Hannah-Arendt-Gymnasium in Rudow, setzt die Geräte seit den Herbstferien in seiner zehnten Klasse ein. Das Gymnasium nimmt am Programm „Tablet und iPad in Schulen“ teil. Dafür stellt der Berliner „Tablet und iPadverleih“ Geräte und technische Unterstützung ein Jahr kostenlos zur Verfügung.

Intuitive Bedienung, kein Kabelsalat, hohe Unterrichtsmotivation – das sind die Verheißungen der Tablets. Ablenkung der Schüler, Verlernen der Handschrift, immense Kosten lauten ein paar Gegenargumente. Zweifelsohne werden die Schüler mit den Geräten in ihrer Medienkompetenz gestärkt. Zudem können Bilder, Filme und Unterrichtsmaterialien per Beamer problemlos an die Wand geworfen werden, wo andernorts noch Tageslichtprojektoren zum Einsatz kommen. Doch wie sich die Geräte auf den Lernerfolg auswirken, ist unklar. Ebenso, wie sie nach den gesponserten Testläufen finanziert werden sollen.

Jetzt, wo die Tablets da sind, ist erst mal das Internet weg. Die Hannah-Arendt-Schule ist offline, als die Schüler für den Comic Bilder aus dem Internet brauchen. Sie erstellen mit der App „Comic Life“ eine Geschichte zu einem fiktiven Aufenthalt in London.

Ramon, 16, behilft sich, indem er mit dem iPad Bilder von seinem Smart- phone abfotografiert. Joel, 15, benutzt den Hotspot seines Handys und kann sich so mit dem iPad ins Netz einloggen. „Die Schüler wissen da deutlich mehr als wir“, sagt Nowack. Ramon demonstriert seinen Mitschülern, wie man ein Bild um ein paar Grad kippt: Mit zwei Fingern berühren und drehen. Er hat selbst ein iPad und freut sich, dass es die Geräte jetzt auch in der Schule gibt. „Das ist endlich mal an unsere Generation gerichtet.“

Den Weg der technischen Modernisierung beschreiten immer mehr Berliner Schulen. Am Otto-Nagel-Gymnasium in Biesdorf arbeiten inzwischen alle Schüler der fünften bis neunten Klassen mit einem Apple-Notebook, sie zahlen rund 1000 Euro pro Gerät. Nach einem Beschluss der Schulkonferenz, an dem Eltern, Schüler und Lehrer beteiligt waren, werden die Geräte zu jedem neuen Schuljahr für die fünften Klassen eingekauft. Mit einem Lernhilfeverein unterstützen die besser verdienenden Eltern diejenigen, die sich die Anschaffung nicht leisten können. Zuletzt gab es nur vier Anfragen auf Unterstützung. „Das ist eine gutbürgerliche Gegend, die meisten Eltern kaufen ihren Kindern hier sowieso einen Computer“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Gerlind Fischer.

Die Poelchau-Schule in Charlottenburg hat die nach eigenen Angaben erste iPad-Klasse Berlins. Eine siebte Klasse der Sport-Elite-Schule wurde im November des vergangenen Jahres durch das Programm „CidS! Computer in die Schulen“ für vier Jahre kostenlos mit iPads ausgestattet. Knapp ein Jahr später sagt ihr Mathe- und Physiklehrer Peter Leukert: „Sind iPads gut für Schulen oder nicht? Diese Frage kann ich auch nach einem Jahr nicht beantworten.“ Gerade befände sich der iPad-Testlauf „in einer Talsohle“. Viele Lehrer müssten immer wieder von Neuem überzeugt werden, die Geräte einzusetzen. Das habe auch an schlechten Schulungen gelegen, die zwar alles über Apple, aber nur wenig über Pädagogik vermittelten. Zudem seien von 17 Geräten bereits sieben kaputt gegangen.

Nach einiger Zeit schrieb Leukert einen Mathetest, einmal mit und einmal ohne Tablet. Den neuen Stoff hatten die Schüler auch mit Unterstützung des iPads gelernt. Den Test mit iPad konnte Leukert nicht auswerten, weil es Verbindungsprobleme gab. Der Test ohne iPad lieferte ein „katastrophales Ergebnis“. Ohne das Gerät waren die Schüler kaum auf die richtigen Ergebnisse gekommen.

Doch es sei eben eine Testphase, sagt Leukert. Positiv vermerkt er die Möglichkeit zu Video- und Tonaufnahmen. Als Physiklehrer setzt er auch die eingebauten Magnetfeld-, Geschwindigkeits- und Helligkeitsmesser ein. Weitere Pluspunkte sind die kurze Startdauer, das geringe Gewicht, die lange Akkulaufzeit und der Virenschutz.

Beim Programm „Tablet und iPad in Schulen“ sind bisher acht Klassen dabei. Etwa 20 Berliner Schulen haben sich beworben, voraussichtlich im Dezember sollen die iPads auch an das Eckener-Gymnasium in Mariendorf kommen. Nach zwölf Monaten müssen die Teilnehmer die Geräte zurückgeben.

Die Achtklässler der Poelchau-Schule sind froh, dass sie ihre Tablets noch lange behalten dürfen. Peter Leukert sagt: „Es ist immer das Erste, was sie aus ihren Schultaschen holen.“ Er habe aber das Gefühl, sie seien irgendwie zu früh dran. Pädagogisch wertvolle Apps müssten erst noch entwickelt werden. Zudem ringen die Schulbuchverlage noch mit den Rechten zur digitalen Veröffentlichung. Als die Verträge mit den Autoren abschlossen wurden, waren Tablets in Schulen noch Zukunftsvision.

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