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In dem Theaterstück der jungen Syrer geht es auch um ihre Flucht nach Deutschland.

© Christopher Weckwerth/dpa

Theaterstück über Flucht: Zehn syrische Jugendliche bringen den Krieg auf die Bühne

Zehn syrische Jugendliche führen am Dienstagabend an der Carl-Zeiss-Sekundarschule ein Theaterstück über ihre Flucht nach Deutschland auf.

Ihr Theaterstück heißt „Leben“, aber es handelt von Tod und Folter. Am heutigen Dienstagabend werden es zehn syrische Jugendlichen aufführen – in ihrer neuen Schule, die zu ihrem neuen Leben gehört: in Lichtenrade, in der Carl-Zeiss-Sekundarschule. Geschrieben wurde es von den Betroffenen selbst. Sie zeigen ihre Perspektive, das Grauen von Verfolgung und Krieg und den langen Weg nach Europa - bis nach Berlin.

Der Untertitel „Im Krieg stirbt zuerst die Wahrheit“, bereitet die Zuschauer auf die Thematik vor. Doch viele werden nur erahnen können, was die Jugendlichen auf ihrer Flucht erlebten. Der 17-Jährige Youssef erzählt von ehemals lebensfrohen Verwandten. Zurück aus den Foltergefängnissen ist von der Lebensfreude nichts geblieben. „Sie sprachen kaum noch“. Youssef stammt aus der einstigen Kulturhauptstadt Aleppo.

In Berlin angekommen, leben die Jugendlichen mit ihren Familien im Flüchtlingsheim in Marienfelde. Einige konnten inzwischen in eine Wohnung umziehen. Die gemeinsame Herkunft, aber vor allem die Flucht aus Syrien ist es, was die Teenager verbindet. Manche sind in Booten geflüchtet, zusammengepfercht mit hunderten von Menschen. Andere konnten sich mit einem Auto retten. Doch fast alle kamen mit Schleppern für viel Geld. Etwa 3500 Euro zahlten ihre Familien für die Flucht, pro Person. Dieselbe Summe stellte der schuleigene Förderverein nun für die Aufführung zu Verfügung. Als der 16-jährige Odei davon hört, sind die Erinnerungen an die Flucht sofort zurück.

„Manchmal verhalten sie sich wie Kinder“, sagt Lehrerin Monika Braun. Der Krieg habe sie aus ihrer Jugend gerissen. Doch indem die Jugendlichen über das Erlebte sprechen, verarbeiten sie. „Sie haben sich frei gespielt“, beschreibt Braun das, was mit ihren Schülern inzwischen passiert ist. Während der Proben erzählt der 18-Jährige Majd von Foltermethoden. Mit Stromstößen und Eisenstangen wurde er misshandelt. Sie schlugen auf seinen Bauch ein, bis eine Wunde klaffte.

Im Zentrum steht das Zuckerfest

Das Theaterstück verfassten die Schülerinnen Bushra und Farah. Neben der Bewältigung des Erlebten lernen die Flüchtlinge auf diese Weise, sich auf Deutsch auszudrücken. Für Ton und Beleuchtung sorgen deutsche Mitschüler.

Die Geschichte lehnt sich an die Erlebnisse Bushras an. Im Zentrum steht das Zuckerfest, das Fest des Fastenbrechens. Gezeigt wird es in Zeiten des Friedens, des Krieges und nach der Ankunft in Deutschland. Das Stück begleitet zwei befreundete Familien, eine Generalsfamilie und eine, die in ärmlichen Verhältnissen lebt. Soziale Unterschiede spielen noch keine Rolle. Doch der Konflikt über die Position des Präsidenten entzweit die Freunde. Während die Ärmeren über die Politik klagen, fassen die Reicheren die Beschwerden als Beleidigung des Präsidenten an. Die Lage spitzt sich zu, Gegner des Regimes werden verhaftet.

Nach Ausbruch des Bürgerkrieges rückt die Flucht in den Mittelpunkt. Gezeigt wird die Grausamkeit der Schlepper, die Kinder und Mütter über Bord werfen wollten, weil sie nicht genug zahlten. „Unsere Mütter gaben selbst ihren Goldschmuck“, erzählt Marah. Am Ende erreicht das Zuckerfest Deutschland.

Doch wie wird es für die zehn Syrer weitergehen? Farah beschreibt ihre Zukunftspläne. Zahnärztin möchte sie werden. Dazu muss sie das Abitur machen und Deutsch lernen, auch wenn die Aussprache mancher Wörter schwierig ist. Wie sich die Jugendlichen in Berlin fühlen? „Alles ist frei und sicher, aber noch fremd“.

Anna Ullrich

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