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Verletztes Vertrauen. Viele Missbrauchsopfer leiden eine Leben lang unter ihren Erfahrungen.

© dpa

Späte Strafe in Berlin: 81-Jähriger wegen Kindesmissbrauchs verurteilt

Sie nannten ihn „Opa“, gingen mit ihm auf Reisen: Ein Rentner ist am Mittwoch für den 38-fachen Missbrauch von Kindern verurteilt worden. Die Opfer meldeten sich erst als Erwachsene - kurz bevor die Taten verjährt wären.

Berlin – Der Mann von 81 Jahren ging langsam zur Anklagebank. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, dass er diesen Platz einmal einnehmen müsste. Karl- Heinz G., einst Fahrdienstleiter bei der Bundesbahn, hatte sich auf das Schweigen seiner beiden Opfer verlassen. Die Mädchen waren acht, als die Übergriffe begannen. Kinder aus seiner Garten-Nachbarschaft, „zum Greifen nah“, sagte er. Die Richter hielten ihm vor: „Sie haben die Kinder und jetzt jungen Frauen ins Leid gestürzt.“ Er erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung. Jedem Opfer muss er 5000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Es war eine inzwischen 29-jährige Frau, die das Verfahren vor drei Jahren ins Rollen gebracht hatte. „Ich möchte es aufarbeiten, auch für mein eigenes Kind“, gab sie bei der Polizei zu Protokoll. Sie berichtete von ihrem Sohn, den sie aus Angst kaum eine Minute aus den Augen lasse. „Ich kann in dem Punkt kein Vertrauen zu einen anderen Menschen fassen“, sagte sie. „Allerhöchstens und nur für kurze Zeit“ vertraue sie den Kleinen ihrer eigenen Mutter an. „Das habe ich mitgenommen aus meinen Erfahrungen.“ Auch leide sie bis heute an Problemen mit ihrer Sexualität. Sie hatte Karl-Heinz G. vertraut, der in Heiligensee Garten an Garten mit ihrer Familie lebte. Er hat keine eigenen Kinder. Als seine Frau Mitte der 1990er Jahre starb und er sich mit den Kindern der Nachbarschaft anfreundete, nannten sie ihn „Opa“. Sie durften bei ihm spielen, er machte Geschenke zu Geburtstagen, ging mit der heute 29-Jährigen auf Reisen. „Nach dem Tod meiner Frau habe ich die Balance verloren, es ist furchtbar, ich bitte um Verzeihung“, sagte der Rentner.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage, als G. 80 geworden war. 38 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Der hagere Rentner hüllte sich bis zum Prozess in Schweigen. Sein zweites Opfer war zu einer Aussage bei der Polizei nicht in der Lage. Wegen psychischer Probleme ist die Frau seit Jahren in Behandlung. „Der Aufarbeitungsprozess ist für sie extrem belastend“, teilte nun ihr Arzt mit.

Strafrechtlich wären die Taten zehn Jahre nach Volljährigkeit der Opfer verjährt, Ansprüche auf Schmerzensgeld galten nicht mehr. G. erklärte sich zu einer Zahlung dennoch bereit. Strafmildernd wurde vor allem das Geständnis gewertet. Den Opfern wurde so eine Aussage vor Gericht erspart. Das Urteil entsprach den Anträgen aller Prozessbeteiligten.

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