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Fleischbeschau unterm Funkturm: Bis Sonntag läuft hier die Erotikmesse Venus.

© dapd

Sex sells: Erotikmesse Venus: Voll porno

Während Pornolegende Dolly Buster in der Pressezone noch Interviews gibt, wird zwei Hallen weiter schon gestrippt. Nackte Frauen treffen angezogene Männer: Die Erotikmesse Venus auf dem Messegelände am Funkturm wächst und wächst.

Wer partout keine Pornofilme sehen mag, muss das Messegelände am Funkturm bis Sonntag unter allen Umständen meiden. Denn auf der Erotikmesse Venus, die gestern von Pornolegende Dolly Buster, 40, und Schönheitschirurgenwitwe Tatjana Gsell, 39, eröffnet wurde, ist es nahezu unmöglich, drei Schritte zu gehen, ohne in einen Monitor zu schauen, auf dem sich ein, zwei, drei oder mehrere Akteure beliebigen Geschlechtes auf jede erdenkliche Weise befriedigen. Und wem die Monitore nicht reichen, der findet Eintritt zu diversen „Private Live Shows, Fotografieren und Filmen ausdrücklich erlaubt“. Frauen in Dessous, nackte Frauen und Live-Strip- Shows gehören sowieso zum Inventar. Kaum ein Körperteil findet sich auf der Venus nicht auch aus Silikon nachgebildet. Dildos in allen Größen, Farben und Formen, aus Plastik, Glas, Titan („alles Handarbeit“) und aus Keramik. Auch Sexmaschinen für Mann und Frau gibt es zu kaufen.

„Sex Sells“ heißt es so schön, und wohl kaum eine Veranstaltung belegt diese Floskel so gut wie die Venus. 1997 fand die Berliner Messe zum ersten Mal statt, mit 124 Ausstellern eine kleine Schau für die Pornoindustrie. Heute ist die Venus mit mehr als 300 Ausstellern auf 25 000 Quadratmetern die weltweit größte Messe ihrer Art; bis Sonntag werden 4500 Fachbesucher, 28 000 private Konsumenten und 700 Journalisten erwartet. Und weil die Venus in den vergangenen Jahren so groß wurde und heute auch Sexspielzeug, Schönheitsoperationen, Dessous und Accessoires feilgeboten werden, bitten die Veranstalter die Medien herzlich darum, doch nicht von einer „Sex- oder Pornomesse“ zu schreiben, sondern von einer „Fachmesse im Bereich Erotik“.

Also bitte schön: Die „Fachmesse im Bereich Erotik“ begann gestern von Null auf Hundert. Ein großer Teil der erwarteten 700 Journalisten war pünktlich um zehn Uhr zur Stelle, keiner wollte den Moment verpassen, in dem die Pornolegende mit der Schönheitschirurgenwitwe das rote Band durchschneidet. Von Dolly Buster ist noch zu erfahren, dass sie noch niemals zuvor so früh am Morgen auf der Messe präsent gewesen sei, und dass sie die diesjährige Venus schon deshalb besonders schön finde. Tatjana Gsell gibt zu Protokoll, sich ja eigentlich gar nicht so gut auszukennen. Macht ja nichts, sie hat ja Dolly Buster an ihrer Seite, die sie um die Taille packt und vorwärtsschiebt, den Pulk Fotografen und Kameraleute wie im Sog hinter sich herziehend.

Während Dolly Buster in der Pressezone noch Interviews gibt, wird zwei Hallen weiter schon gestrippt, auch die Amateur-Pornofilmer eines Internetportals sind von Beginn an zeigefreudig. Jeder darf mal anfassen, fürs Erinnerungsfoto, und weil es gerade so schön ist. Die Venus ist nicht nur eine Sexmesse, sondern auch eine Männermesse: Nackte und halb nackte Frauen stehen vollständig angezogenen Männern jederzeit gerne zur Verfügung. „Das hat doch mit Liebe und Zärtlichkeit nichts zu tun“, sagt ein Besucher mittleren Alters. Nein, hat es nicht. Aber das hat ja auch niemand behauptet.

Barbara Kerbel

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