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Auch im Icon gingen die Lichter aus.

© Doris Spiekermann-Klaas

Szenevielfalt: Koalition will Bestandsschutz für Berliner Clubs

Clubs und Diskos sollen einen Bestandsschutz erhalten: Die Koalition will Investoren von Neubauten dazu verpflichten, selbst für den Lärmschutz zu sorgen, wenn sie direkt neben alteingesessenen Clubs bauen. Der Vorstoß erntet auch bei der Opposition Lob. Allerdings: Für andere drängende Probleme der Clubs bietet er keine Lösung.

Teurer Lärmschutz, leisere Partys oder sogar das Aus wie bei Knaack und Icon – bisher mussten Clubs reagieren, wenn ihnen Neubauten an die Hauswand rückten und deren Bewohner sich über Lärm beschwerten. Nun wollen SPD und CDU die Bauherren in die Pflicht nehmen, um Clubs in der Innenstadt zu halten.

Bestehende Clubs sollen demnach Bestandsschutz über eine Änderung im Baurecht genießen. So steht es in einem Antrag der Koalition, der gerade vorbereitet wird. „Wenn in der Nähe eines bestehenden Clubs neue Wohnungen entstehen, werden die Bauherren verpflichtet, für einen ausreichenden Immissionsschutz zu sorgen“, sagt Clara West, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. Für Clubs dürften sich keine strengeren Lärmschutzwerte ergeben. Zudem müssten Bauherren Käufer oder Mieter vorab informieren, dass sich ein Club in der Nähe befinde. Andernfalls müsse der Bauherr entstehende Kosten für Lärmschutz übernehmen. Beide Punkte müssten in Baugenehmigungsverfahren einbezogen werden.

Um das Bundesimmissionsschutzgesetz nicht antasten zu müssen, soll die Landesbauordnung geändert werden. Der Senat soll zudem mit den Bezirken Maßnahmen entwickeln, um bei Bauplanungen Standorte der Musik- und Clubkultur zu erhalten. „Die Konflikte entstehen oft durch die Bezirke“, sagt Christian Goiny, medienpolitischer Sprecher der CDU, zur Begründung.

Beim Vorstoß der Koalition geht es auch um viel Geld. „Die Clubkultur stellt einen kulturell wie wirtschaftlich wichtigen Faktor für die Attraktivität Berlins dar“, sagt West. Eine gute Milliarde Euro soll die Musikbranche bei Live-Events, Festivals und in den 250 Clubs im Jahr umsetzen. Während die SPD von der Machbarkeit überzeugt ist, will die CDU den Vorschlag noch juristisch prüfen. In einem weiteren Schritt plane die CDU die Ausweitung auf andere Lärmquellen wie Sportstätten, sagt der baupolitische Sprecher Stefan Evers.

Das Miteinander von Nachbarn und Clubs mitsamt dazugehörigem Lärm ist vielerorts ein Problem. Der Duncker Club in Prenzlauer Berg bekam Neubauten auf eine benachbarte Freifläche gesetzt, was zum jetzigen Vorstoß beigetragen hat. Das SO 36 in Kreuzberg hätte ohne eine 100 000 Euro teure Lärmschutzwand schließen müssen, die Betreiber von C-Halle und C-Club am Columbiadamm mussten 35 0000 Euro in den Lärmschutz stecken, um Ärger mit Nachbarn in Neubauten hinter dem Club zu vermeiden. Auch der Investor musste eine Schutzwand errichten. Bisher gebe es keine Beschwerden, sagt Clubchef Norbert Döpp-Veidt.

Das Vorhaben kommt in der Opposition gut an. Katrin Schmidberger, bei den Grünen für Clubkultur verantwortlich, spricht von einem „durchaus vernünftigen Vorschlag“. Oliver Höfinghoff, baupolitischer Sprecher der Piratenfraktion, reicht dagegen die Informationspflicht für Bauherren. Vom verpflichtenden Lärmschutz hält er nichts: „Dann wäre ein kommerzieller Anbieter verpflichtet, auf den anderen kommerziellen Anbieter Rücksicht zu nehmen.“ Die Clubs sind natürlich zufrieden. Lutz Leichsenring von der Clubcommission spricht von einem „richtigen Vorstoß“. Mit ähnlichen Themen beschäftige sich auch ein neuer Arbeitskreis der IHK mit Vertretern aus Immobilienbranche und Kreativszene.

Bleiben die anderen Probleme der Clubs wie steigende Mieten und fehlender Platz in der Innenstadt. Goiny verweist auf die vor zwei Wochen beschlossene Änderung in der Liegenschaftspolitik. Künftig würden landeseigene Flächen auch danach bewertet, ob sie einen „Mehrwert für die Stadt“ darstellten, und, falls ja, nicht ausschließlich zum Höchstpreis veräußert. Dann wäre Platz für Kitas, Wirtschaft, Kultur – und Clubs.

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