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Die Kontrahenten im Rennen um den SPD-Parteivorsitz: Jan Stöß (l.) und Michael Müller (r.).

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SPD-Landesvorsitz: Wende im Machtkampf zwischen Müller und Stöß

Zwei Spandauer SPD-Ortsverbände wollen doch noch erreichen, dass die Basis über den künftigen SPD-Landesvorsitzenden entscheidet. Der Geschäftsführende Landesvorstand hat die Initiative bereits beraten - und mit einem Schritt reagiert, der in Parteikreisen als "Brüskierung der Basis" bezeichnet wird.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

In den heftigen Streit um den Berliner SPD-Landesvorsitz mischt sich jetzt die Parteibasis ein. Zwei Spandauer Ortsverbände wollen mit einem Mitgliederbegehren durchsetzen, dass nicht ein Landesparteitag, sondern alle 16 000 Sozialdemokraten in Berlin darüber entscheiden, ob der SPD-Landeschef und Stadtentwicklungssenator Michael Müller im Amt bleibt oder durch den Parteilinken Jan Stöß ersetzt wird.

Zwar hatte der SPD-Landesvorstand eine solche Mitgliederbefragung vor zwei Wochen abgelehnt, aber eine Änderung des SPD-Statuts auf dem Bundesparteitag im Dezember 2011 macht es möglich, den Vorstandsbeschluss zu revidieren. Die internen Richtlinien, die das Verfahren der neuen Basisdemokratie regeln, sind seit Ende März bundesweit in Kraft. Im ersten Schritt müssen die Antragsteller für ein Mitgliederbegehren innerhalb von drei Monaten Unterschriften sammeln. Um erfolgreich zu sein, müssen sich zehn Prozent der SPD-Genossen in Berlin dafür aussprechen, dass die Mitgliedschaft über den künftigen SPD-Landesvorsitzenden entscheiden soll. Anschließend kann der SPD-Landesvorstand seinen ablehnenden Beschluss zurücknehmen.

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In diesem Fall findet sofort eine Mitgliederbefragung statt. Verweigert sich der Vorstand, kann er von der Parteibasis per Mitgliederentscheid gezwungen werden, eine Befragung über den nächsten SPD-Landeschef zu organisieren. Diese komplizierte Form der innerparteilichen Mitbestimmung kann Monate in Anspruch nehmen. Dem Vernehmen nach haben sich bereits weitere SPD-Ortsverbände der Initiative angeschlossen, in jedem Fall noch die Abteilung Spandau-Südpark.

"Wir wollen ein Zeichen setzen für einen offenen Meinungsbildungsprozess", sagte der Chef der SPD-Abteilung Spandau-Stadtrand, André Dietzsche, dem Tagesspiegel. Laut Parteistatut hat das Mitgliederbegehren keine aufschiebende Wirkung, der für den 9. Juni einberufene Wahlparteitag könnte stattfinden. Aber das wäre, so heißt es in Parteikreisen, eine Brüskierung der Parteibasis.

Trotzdem beschloss der Geschäftsführende Landesvorstand der Berliner SPD, der am Freitag kontrovers über den Antrag auf ein Mitgliederbegehren diskutierte, dass die Wahl des neuen Landesvorstands auf dem Parteitag wie geplant stattfinden soll.

Die Parteispitze beschloss außerdem, ebenfalls gegen das Votum des SPD-Landeschefs Müller, dass die Berliner Parteimitglieder nicht sofort per Brief, sondern erst Anfang Juni im "Vorwärts", dem Organ der Bundespartei, über das Begehren informiert werden. Dies widerspricht allerdings den Verfahrensrichtlinien für die sozialdemokratische Basisdemokratie: Eine Veröffentlichung im "Vorwärts" ist nur für bundesweite Mitgliederbegehren vorgesehen.

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