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Randfigur. Die ehemalige Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast überlässt dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) das Wort. Neben Künast Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann, der für die Delegation der Ökopartei spricht.

© dpa

Wowereit, Ratzmann, Künast: Zwei reden, eine schweigt

Es ging nur mühsam voran in den Sondierungen, nun stehen noch schwierigere Koalitionsverhandlungen an. Eins aber ist klar: Ohne Renate Künast.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war der leise Abschied der Renate Künast. Ganz entspannt, gelegentlich sogar verschmitzt lachend, hörte sie nach der ewig langen Sondierungsrunde zwischen SPD und Grünen am Freitag den beiden Wortführern zu. Das waren Klaus Wowereit und Volker Ratzmann. Der Regierende Bürgermeister und der Grünen-Fraktionschef warfen sich freundlich, fast fröhlich die Bälle zu. Im Säulensaal des Roten Rathauses, momentan vollgestellt mit Gipsfiguren, von Königin Luise bis Kassandra.

Doch auf die Frage, warum nach dem zweiten Treffen zwischen den beiden potenziellen Regierungspartnern nicht mehr die Grünen-Frau Künast, sondern ihr Parteifreund Ratzmann das Wort führe, kam dieser ins Stottern. „Naja, ääh, mmh “ Die ehemalige Spitzenkandidatin kam ihm nicht zur Hilfe, sondern lächelte still. Ihre Mission ist erfüllt. Die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen wird sie, wie intern angekündigt, nicht mehr begleiten, sondern in die Bundespolitik zurückkehren. Aber noch ist es nicht so weit. Erst einmal müssen die Landesvorstände beider Parteien, und bei den Grünen die Parteibasis, den Kompromissformeln zustimmen, auf die sich die Verhandlungskommissionen geeinigt haben.

Nach insgesamt zehneinhalb Stunden Beratung es ging nur mühsam voran. Am Freitag, beim zweiten Gespräch, trafen sich die zehn Unterhändler um 11 Uhr im gesicherten Bürotrakt des Regierenden Bürgermeisters und kamen um 17.30 Uhr wieder heraus. Ein bisschen erschöpft, aber sehr entspannt. In den Augen war zu lesen: Wenn s nach uns geht, ist es vollbracht. Auch wenn der dicke Stolperstein, die Verlängerung der Stadtautobahn A 100, noch nicht endgültig abgeräumt ist. Beide Sondierungsteams bewahrten Stillschweigen über das, was vereinbart wurde. Der gefundene Kompromiss bleibt vorerst ein Geheimnis.

Nur eines ist klar, nach Wowereits Worten: Das 3,2 Kilometer lange und 420 Millionen Euro teure, aber vom Bund finanzierte Autobahnstück soll nicht durch eine zweispurige Bundesstraße ersetzt werden. Diese bedürfte einer neuen Planfeststellung, und das könnte Jahre dauern. Außerdem müsste das Land Berlin eine Stadtstraße aus dem eigenen Haushalt bezahlen. Zu einem Volksentscheid über die A 100 sagte Wowereit nur, dass dies „von den Grünen nicht gewünscht“ sei.

Ratzmann hielt gegen. Bei den Sondierungen sei dies von der SPD gar nicht angesprochen worden. Vorläufig darf munter spekuliert werden, ob die Sozialdemokraten eine Zustimmung zur A 100 den Grünen teuer abgekauft haben. Etwa mit der Zustimmung für ein Klimastadtwerk zur dezentralen und ökologischen Energieerzeugung. Oder mit der Ausschreibung von Teilstrecken der S-Bahn. Das lehnte die SPD-Linke bisher strikt ab.

Doch erfahrungsgemäß ist die Aushandlung eines Koalitionsvertrags immer ein Geben, Nehmen und Schlucken von Kröten. Allerdings hat die Verhinderung der A 100 von Neukölln bis Treptow für die Parteibasis der Grünen einen sehr hohen Stellenwert. Sollte ein Regierungsbündnis zwischen SPD und Grünen doch noch im Vorfeld scheitern, dann an dieser Streitfrage. Dass der kleinere Koalitionspartner in spe noch einen erheblichen Bedarf an Meinungsbildung hat, lässt sich schon daran ersehen, dass die für nächsten Freitag geplante Mitgliedervollversammlung der Grünen nicht zeitlich vorgezogen wird.

In der SPD wird, wenn es dazu kommt, mit langwierigen Koalitionsverhandlungen gerechnet. Am 27. Oktober konstituiert sich das neugewählte Abgeordnetenhaus. Mit der Wahl Wowereits zum Regierenden Bürgermeister ist frühestens am 10. November zu rechnen. Dafür hätte Rot-Grün genau eine Stimme über der notwendigen absoluten Mehrheit.

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