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© Davids

Bodenreform-Affäre: Schönbohm sieht keine Fehler bei sich

Der Innenminister lehnte vor dem Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Enteignungsskandals jede Verantwortung ab. In 92 Fällen ist die Rückgabe der Grundstücke bereits vollzogen.

Potsdam - Jörg Schönbohm, nach seinem Selbstverständnis der „Preuße“ im SPD/CDU-Kabinett von Ministerpräsident Matthias Platzeck, sieht keine Versäumnisse im Enteignungsskandal um Bodenreformland. Brandenburgs CDUInnenminister hat am Dienstag vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag eine Mitverantwortung für die Landnahme von 10 000 Grundstücken durch das Land in den Jahren 1999/2000 bestritten. Der Bundesgerichtshof hatte dies in einem spektakulären Urteil als „sittenwidrig“ und eines „Rechtsstaates unwürdig“ gerügt. Schönbohm verteidigte sein Ressort, das auf Fachebene daran mitgewirkt hatte. „Die politischen Entscheidungen sind lange vorher gefallen.“ Für die Links-Opposition steht nunmehr fest, dass das Innenministerium seine Pflichten als Kommunalaufsicht „nicht ausreichend wahrgenommen“ hat.

Der Auftritt des 71-Jährigen war mit Spannung erwartet worden: Als einziges Mitglied der Stolpe-Regierung, unter der die Überführung der früheren Bodenreform-Grundstücke (Wert rund 50 Millionen Euro) in Landeseigentum veranlasst wurde, ist Schönbohm noch im Amt. Er ließ zumindest nachdenkliche Töne anklingen. „Das Urteil hat mich persönlich beschämt. Es geht immerhin um die Frage, wie man mit Eigentum umgeht“, sagte er. Allerdings sei er persönlich „zu keinem Zeitpunkt“ mit der Problematik befasst gewesen. Dennoch meine er auch im Nachhinein nicht, dass Mitarbeiter des Innenministeriums „etwas falsch“ gemacht hätten. Er sehe keinen Grund, in seinem Ressort Konsequenzen zu ziehen. Federführend sei ohnehin das Finanzressort gewesen.

Anders als die SPD, die keine Fragen an Schönbohm hatte, gab sich die Links-Opposition damit nicht zufrieden. Auf hartnäckiges Nachfragen konnte Schönbohm nicht bestreiten, dass das Kommunalressort im Auftrag des Finanzministeriums die Landkreise drängte, sich selbst als gesetzliche Vertreter unbekannter Erben einzusetzen. Mit diesem Mandat überschrieben diese dann Immobilien an das Land – und zwar rechtzeitig vor dem Ablauf der Verjährungsfrist am 2. Oktober 2000. Danach verfielen alle regulären Landesansprüche auf Bodenreform-Immobilien, diese gehörten dann automatisch den Neubauern-Erben.

Das Finanzministerium hatte nach Bekanntwerden der Affäre zunächst behauptet, dass das Land bei der Suche nach rechtmäßigen Erben „umgepflügt“ worden sei. Eine Aussage, die für den Untersuchungsausschuss nach den bisherigen Zeugenvernehmungen und Aktenstudien nicht zu halten ist. Dort ist mehrfach von „mangelhaften Recherchen“ bei der Erbensuche die Rede. So hatte das Finanzministerium im Frühsommer 2000 beim Innenministerium Druck gemacht, damit die Landkreise – sie wurden von allen Risiken freigestellt – die Inbesitznahme zügig exekutierten. Zitat: „Ich wäre Ihnen daher sehr verbunden, wenn Sie bei den Landkreisen und kreisfreien Städten darauf hinwirken könnten, dass der Prüfungsumfang auf ein Minimum beschränkt wird“.Trotzdem blieb das Unbehagen in den Landkreisen gegen die Landnahme groß. Teltow-Fläming machte nicht mit. Elbe-Elster intervenierte vergeblich beim Innenministerium, das auf den Druck des Finanzministeriums verwies. Es habe keinen Zweifel daran gelassen, dass wegen der bevorstehenden Verjährung eine Grundsatzdiskussion nicht mehr geführt werden könne, heißt es in einem Schreiben des Schönbohm-Ressorts, mit dem der Minister von Links-Vertretern im Ausschuss konfrontiert wurde: Es sei „im Wesentlichen ausreichend“, Anträge auf Übereignung lediglich „auf grobe Unrichtigkeiten“ zu prüfen.

Unterdessen schreitet die Rückgabe der Grundstücke voran. Das Finanzministerium geht nach eigenen Angaben inzwischen davon aus, dass man in 440 Fällen mit einer Rückübertragung der Immobilien rechnet. In 226 Fällen sei dies zugesagt, in 92 Fällen bereits vollzogen.

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