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Brandenburg: Bürger wollen Busse selber fahren

Weil öffentliche Verkehrsmittel zu selten kommen, plant ein Verein in Gransee den ehrenamtlichen Einsatz hinterm Lenkrad

Gransee - In den Randgebieten lohnt sich heute schon oft kein Busverkehr mehr. Wo teilweise nur noch 20 bis 30 Menschen auf einem Quadratkilometer leben, müssen Senioren mitunter für ihre Fahrt zum Arzttermin im nächsten Ort ein paar Stunden einplanen. Oder ein Taxi zahlen. Denn die Busse fahren oft nur noch frühmorgens, bevor die Schule beginnt, und nachmittags, wenn sie zu Ende ist.

Die Lösung für dieses Problem mangelnden öffentlichen Verkehrs ist im Prinzip denkbar simpel: Wenn die Bewohner der bevölkerungsarmen Gegenden zusätzliche Busfahrten wollen – müssen die Bürger die Busse eben selber lenken. Genau das ist in Gransee jetzt geplant. Laut Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg wäre die 6900 Einwohner große Stadt im Landkreis Oberhavel nördlich von Berlin die erste Gemeinde in den neuen Bundesländern mit einem Bürgerbus. In den Niederlanden sind solche Busse längst Alltag, auch in rund 350 westdeutschen Gemeinden betreiben Vereine seit einiger Zeit eigene Buslinien.

Auch in Gransee ist ein Teil des Plans bereits umgesetzt. Sieben Granseer haben im August den Verein „Bürgerbus“ gegründet, der einen Kleinbus mit acht Sitzplätzen kaufen und ehrenamtliche Fahrer beschäftigen will. Fünfzehn freiwillige Fahrer haben sich gemeldet. „Viele sind Rentner, die sich auch sonst gerne einbringen“, sagt Ralf Kliche, der im Rathaus das Projekt betreut. „Die Ersten von ihnen sind von der Oberhavel Verkehrsgesellschaft schon geschult worden.“ Um den Kleinbus zu fahren, reicht ein normaler Autoführerschein.

Die Busse sollen nach einem festen Fahrplan fahren – mit einer Konzession der Verkehrsgesellschaft. Laut Kliche übernimmt der Landkreis die Kosten für ein Jahr, 12 500 Euro. Danach muss sich die neue Buslinie selbst tragen. Der Fahrpreis, so sieht es der Plan vor, soll sich an den „für den Verkehrsverbund üblichen Tarifen orientieren“. Er läge damit unter zwei Euro je Fahrt. Noch ungeklärt ist, ob es einen Einheitspreis geben wird oder je nach Länge der Fahrt gestaffelte Preise. Am Neujahrstag 2005 sollte der Bus auf Linie gehen.

Allein, das Wichtigste fehlt noch: der Bus. Vielmehr das Geld dafür. Rund 6000 Euro wären nötig, schätzt Kliche. Der Verein hat aber kein Startkapital. In Nordrhein-Westfalen gab es Fördergelder vom Land. Der Granseer Verein kann solche Mittel vorerst nicht einplanen. „Wir hätten verbindlich erklären müssen, dass wir die Linie mindestens vier Jahre lang betreiben“, sagt Ralf Kliche. Das wollten die Granseer noch nicht. „Man kann den Erfolg solcher Projekte in anderen Regionen nicht ohne weiteres übertragen. In unserer Gegend ist es ein Pilotprojekt. Wir müssen erstmal sehen, wie der Bus angenommen wird.“

Diese Vorsicht scheint nicht übertrieben. Vor ein paar Monaten erst stellte das Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der Technischen Universität Berlin das Bürgerbus-Konzept in mehreren Brandenburger Gemeinden vor. „Das Echo war eher bescheiden“, sagt ZTG-Leiter Hans-Luidger Dienel. Er erklärt die Skepsis damit, dass die Taxi- und regulären Busfahrer Angst um ihren Job hätten. Zudem besitze fast jeder, der einen Führerschein hat, ein eigenes Auto – und keiner weiß, ob diese Leute umsteigen würden.

In Gransee gibt sich Amtsleiter Ralf Kliche dennoch optimistisch. „Wenn es hier läuft, wird es schnell Nachahmer geben.“ Um das Geld für den Bus zusammenzukriegen, hoffen die Granseer jetzt auf Spenden und Sponsoren. Der Start aber musste erstmal verschoben werden: „Wir peilen jetzt den ersten März kommenden Jahres an“, sagt Kliche.

Marc Neller

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