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CO2-Endlager: Angst vor Gasblase im Untergrund

Regionen wehren sich gegen Verpressung von Kohlendioxid aus Kraftwerken. Protest-Aktion im Oderbruch, Unterschriftensammlung in Beeskow.

Die Angst vor einem riesigen unterirdischen Kohlendioxid-Endlager hat viele Menschen im Oderbruch zu einer Suche in ihren Kleiderschränken, auf Dachböden und in Rumpelkammern veranlasst. Aufgerüttelt vom Aufruf einer Bürgerinitiative, kramten sie nach alten Hüten, um diese an ihre Türen und Fenstern zu hängen. Jeder Besucher der Region soll so auf den ersten Blick erkennen, was die Bewohner der 70 Kilometer nordöstlich Berlins gelegenen Region von der weiteren Stromgewinnung aus Braunkohle halten: Das sei ein „alter Hut“ und passe im Unterschied zu den erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne, Wasser, Erdwärme oder Bio-Gas nicht mehr in die heutige Zeit, sagen die Initiatoren. Die Risiken der vom Vattenfall-Konzern geplanten Verpressung von verflüssigtem Kohlendioxid aus Braunkohle-Kraftwerken wären viel zu hoch, heißt es.

Die spontane Inventur war erfolgreich. Denn in Neutrebbin, Altbarnim, Wuschewier, Altlewin oder Alttrebbin hängen reihenweise alte Hüte. Auch gegen das zweite Brandenburger Speicherprojekt bei Beeskow zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) regt sich Widerstand. „Wir wollen nicht auf einer Gasblase leben“, sagt Gunnar Riffer, der in Alttrebbin im Oderbruch ein Autohaus betreibt. „Die Technologie zur Einleitung von mehreren Millionen Tonnen Kohlendioxid in den Untergrund ist noch längst nicht ausgreift und birgt viele Gefahren.“

Schon die Erinnerung an das verheerende Oderhochwasser 1997 treibe ihm die Sorgenfalten ins Gesicht. Niemand wisse, was im Falle einer Überschwemmung der oberirdischen Anlagen passiere. Auch die Haltung der polnischen Nachbarn spiele in der Diskussion bislang keine Rolle. „Schon seit der ersten Ankündigung eines Kohlendioxid-Speichers sind die Grundstückspreise gefallen“, sagt Riffer.

„Man sollte das Geld in die Solarbranche stecken.“

In Beeskow haben die Speicher-Gegner mehr als 5000 Unterschriften gegen die ab 2015 geplante Inbetriebnahme der Anlagen gesammelt. , statt Gas aus Kraftwerken mit Energieaufwand über Pipelines zu den Speicherplätzen zu transportieren“, sagt Udo Schulze von der Beeskower Bürgerinitiative."

Bislang sind die Argumente von Landesregierung und Energiekonzern in beiden betroffenen Regionen auf wenig Widerhall gestoßen. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) spricht von einer „großen Klimaschutz-Option“, die man nutzen solle. Gar in einer „weltweit beachteten Vorreiterrolle“ sieht Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) sein Land bei der „innovativen Abscheidungstechnologie“. Diese sichere 10000 Arbeitsplätze im Bergbau und gesamten Energiesektor. Die Akzeptanz der Stromgewinnung aus Kohle hänge aber davon ab, dass nicht noch mehr des „Klimakillers“ Kohlendioxid in die Atmosphäre entweiche.

Ob tatsächlich riesige Mengen von verflüssigtem Gas aus dem Lausitzer Kraftwerk in Jänschwalde in die porösen Erdschichten unter dem Oderbruch und unter Beeskow gepumpt werden, müssen erst weitere Untersuchungen ergeben. Für 2010 sind erste Probebohrungen geplant. Bei der Entscheidung werden dann auch Erkenntnisse aus dem derzeit bei Ketzin im Havelland laufenden Großversuch berücksichtigt. Hier wird Gas aus einem Chemiewerk testweise in unterirdische Sandsteinschichten gepresst.

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