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Brandenburg: Debatte um Gemeinde-Reform: Heimweh nach Berlin

Die kleine Gemeinde Groß Glienicke will in Zukunft zu Berlin gehören, um einer Zwangsfusion mit Nachbargemeinden wie dem nach einem Bauskandal hoch verschuldeten Fahrland zu entgehen. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Gemeindevertretung von Groß Glienicke.

Die kleine Gemeinde Groß Glienicke will in Zukunft zu Berlin gehören, um einer Zwangsfusion mit Nachbargemeinden wie dem nach einem Bauskandal hoch verschuldeten Fahrland zu entgehen. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Gemeindevertretung von Groß Glienicke. Die Bürger wären eher für Berlin als für Potsdam, bestätigte der Fahrländer Amtsdirektor Hark Moritzen. Brandenburgs Städte- und Gemeindebund befürchtet jetzt, dass es "wachsende Berliner Begehrlichkeiten" und "Nachahmer unter Randgemeinden" geben könnte. Berlins Vize-Senatssprecher Helmut Lolhöffel sagte, dem Senat seien solche Absichten bisher nicht bekannt. "Es wäre eine interessante Variante mit Blick auf die erwünschte Vereinigung beider Länder."

Ministerpräsident Manfred Stolpe wollte dagegen nicht von einem "Signal" für die Länderehe sprechen. Der SPD-Regierungschef zeigte Verständnis für solche Fluchtbestrebungen. "In manchen Orten wohnen inzwischen mehr Berliner als Alteingesessene." In Koalitionskreisen hieß es jedoch einhellig, man müsse verhindern, dass Berlinsich jetzt wohlhabende, aber von einer Zwangsfusion bedrohte Gemeinden "einverleibt". Bauminister Hartmut Meyer (SPD) hält es überdies für fraglich, "ob Berlin Groß Glienicke überhaupt nimmt". Aber selbst wenn, wäre eine Eingliederung allenfalls ein "Scheinerfolg", der keine Lösung für die Infrastruktur-Probleme des Ortes bringen würde.

Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bezeichnete einen Wechsel Groß Glienickes nach Berlin als "unrealistisch", zumal dafür ein Staatsvertrag mit dem Nachbarland abgeschlossen werden müsste.

Die Berliner Randgemeinde Groß Glienicke gehört bislang zum Amt Fahrland, das derzeit für mehrere eigenständige Orte die Verwaltungsgeschäfte erledigt. Im Zuge der Gemeindereform sollen jedoch im Berliner Umland die Ämter verschwinden und durch Großgemeinden ersetzt werden. Groß Glienicke will diesen Weg nicht mitgehen und sucht nach Alternativen. Neben Potsdam und anderen Gemeinden sollen nach einem einstimmigen Beschluss der Gemeindevertretung ausdrücklich auch mit Berlin "Gespräche über die Möglichkeiten der Neugliederung" geführt werden. Dies ist ein Novum in Brandenburg. Moritzen wies darauf hin, dass sich auf einer Einwohnerversammlung eine Mehrheit für eine Fusion mit Berlin ausgesprochen habe.

Der "Fall Groß Glienicke" hat die Debatte um das umstrittene Gemeindereform-Gesetz von Schönbohm verschärft, das gestern in erster Lesung im Landtag kontrovers debattiert wurde. Zwar sei ein Wechsel nach Berlin "abenteuerlich", so Karl Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Gemeindebundes. Doch allein die Absicht sei ein "Alarmsignal". Sie beweise, dass Schönbohms Konzept für den berlinnahen Raum, wo nur Einheitsgemeinden zugelassen werden sollen, nicht stimmig sei. In Ausnahmefällen müsse dort das bisherige Ämtermodell möglich sein. Schönbohm selbst lehnte dies ab. Rückendeckung bekam er vom Landkreistag. Dessen Präsident Karl-Heinz Schröter warnte, Kreis- und Ländergrenzen anzutasten. Der CDU-Innenpolitiker Sven Petke nannte den Wunsch der Randgemeinde zwar "verständlich." Doch sei es auch mit Blick auf die Länderfusion nicht sinnvoll, das Stadtgebiet Berlins durch wohlhabende märkische Gemeinden zu vergrößern. Auch Berlin sei eine Einheitsgemeinde, erklärte Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD). Doch zeige die Debatte, dass "die Grenzen zwischen Brandenburg und Berlin so absolut nicht sind."

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