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Brandenburg: „Den Lärm hält doch keiner aus“

Seit Mittwoch wird ein Haus in Michendorf per Gewinnspiel veräußert. Einsatz: 59 Euro. Anwohner bezweifeln, dass der Quizsieger daran Freude haben wird

Von Sandra Dassler

Michendorf - In der Imbissstube im Michendorfer Ortsteil Wildenbruch schütteln Chefin, Personal und Gäste den Kopf: Ein Österreicher, der sein Haus mit einem Internet-Quiz veräußern will? Hier in Wildenbruch? Nie gehört! In der Waldheimstraße, einer etwas abgelegenen Siedlung, wissen hingegen alle Bescheid. „Der hätte nicht so pompös bauen sollen“, sagt ein Anwohner: „Wer soll denn ein so großes Haus kaufen?“

Franz Josef Kellner regt so etwas auf. „Das Haus ist mit einer Wohnfläche von 174 Quadratmetern doch nicht ungewöhnlich groß“, sagt er. 1998 hat er das Haus gebaut. „Ich stamme aus Österreich und habe damals in Potsdam gearbeitet“, sagt er: „Das Haus liegt nur 15 Autominuten entfernt. Aber jetzt ist meine Tochter erwachsen, und ich möchte mit meiner Frau wieder in Österreich leben.“ Dort habe er bereits eine Wohnung, sagt Kellner, der vergeblich versucht hat, das Haus in Wildenbruch zu verkaufen. Nur 500 000 Euro habe er dafür haben wollen, sagt er. Obwohl der Verkehrswert in einem aktuellen Gutachten mit 530 000 Euro angegeben ist. Auch die Idee, das Haus zu verlosen, scheiterte: Private Glücksspiele sind in Deutschland verboten. Die Teilnahme an einem Quiz aber ist nicht verboten, und genau das bietet Kellner seit Mittwoch an. 59 Euro beträgt die Gebühr, höchstens 13 900 Teilnehmer will Kellner zulassen. Die Gewinnchancen lägen damit weit über denen einer Lotterie.

In der Waldheimstraße, wo Einfamilienhäuser in idyllischer Lage stehen, glauben viele nicht, dass das Gewinnspiel funktioniert. „Hör’nse denn nich, was hier fürn Lärm von der Autobahn is“, fragt ein Nachbar. „Das hält doch keener aus.“ Tatsächlich reißen die dröhnenden Geräusche von der nahen Autobahn fast nicht ab. Die Waldheimstraße reicht fast bis zur A 10 heran, der südliche Berliner Ring ist rund um die Uhr stark befahren. „Das ist aber bald vorbei, wenn die neue Lärmschutzwand steht“, sagt Kellner. „Die ist für nächstes Jahr geplant.“ Wildenbruch selbst sei wunderschön, sagt er.

Das kleine Dorf ist durch Zuzügler aus Potsdam und Berlin enorm gewachsen. Viele neue Häuser wurden gebaut, das Wohngebiet „Am Golfplatz Seddiner See“ bietet Baugrundstücke aller Größen an. „Von Wildenbruch aus ist man in 30 Minuten am Ku’damm“, sagt die Bäckersfrau: „Was will man mehr?“ Den „Österreicher“ kennt sie als netten, freundlichen Herrn. Es tue ihr leid, dass er sein Haus nicht loswird. Aber verstehen kann sie das: „Hier kann niemand ein so großes Anwesen bezahlen.“ Ein Nachbar meint: „Bei so einem Quiz werden vor allem jene mitmachen, die nicht genug Geld für ein eigenes Haus haben. Aber es kostet ja auch viel, das Haus zu erhalten. Schon allein das riesige Grundstück.“ Kellner widerspricht. Die Kosten betrügen nicht mehr als 450 Euro im Monat, sagt er. Das Grundstück sei alles pflegeleichter Rasen. Und von den 2500 Quadratmetern seien 1000 als Baugrund ausgeschrieben, die man auch weiterverkaufen könne.

Wie viele Menschen sich bereits unter www.berlin-hausgewinn.at für das Quiz registriert haben, kann er nicht sagen. Über die bisherige Homepage www.berlin-hausgewinn.de lief die Botschaft: „Deutsche Teilnehmer dürfen an einem Gewinnspiel teilnehmen, wenn es sich nicht um ein Glücksspiel handelt.“ Das hatten viele so interpretiert, dass die Teilnahme an Kellners Quiz quasi von den Behörden legitimiert sei. Das brandenburgische Innenministerium verneint das. Es sei zwar richtig, dass Deutsche an Gewinnspielen teilnehmen dürften, sagt Ministeriumssprecher Geert Piorkowski, noch prüfe man aber, ob es sich hier wirklich um eines handele: „Entscheidend ist, ob der Gewinner durch eigenes Können und Wissen den Preis erkämpft oder letztlich doch Glück, sprich Zufall überwiegt“.

Falls das Ergebnis negativ ausfällt, wird Kellners Vorhaben formal per Verfügung untersagt. „Damit erhalten die Teilnehmer nicht automatisch ihr Geld zurück“, sagt Piorkowski. Das müsse dann gegebenenfalls zivilrechtlich durchgesetzt werden. Der Sprecher empfiehlt deutschen Interessenten daher, mit Teilnahme und Einzahlen des Geldes noch zu warten.

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