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Brandenburg: Die Länderfusion ist schon perfekt – im Ausland

Matthias Platzeck warb in London für die Region

London - So mancher in Großbritanniens Hauptstadt London hätte in diesen Tagen leicht den Eindruck gewinnen können, die Bundesländer Berlin und Brandenburg seien längst fusioniert. Denn das, was Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zusammen mit drei seiner Minister und einer großen Delegation dort rund um den 3. Oktober unternahm, war ein Werbefeldzug für die Hauptstadtregion insgesamt. Der nimmt zuweilen eher komische Züge an, wenn Platzeck etwa nach einer Aufzählung der touristischen Attraktionen seines Bundeslandes mit der Feststellung endet, bei schlechtem Wetter könne der Gast dann ja nach Berlin fahren.

Aber in aller Regel versucht der Potsdamer Regierungschef seinen Zuhörern nahe zu legen, es erübrige sich, die Grenzen zwischen den beiden Bundesländern zu beachten. Berlin wie Brandenburg als eigenständige Einheit gibt es für ihn spätestens dann nicht mehr, wenn er in fernen Hauptstädten für die gemeinsame Region wirbt.

Allen Einwänden auch im eigenen Bundesland zum Trotz setzt Platzeck damit auch im Ausland das um, was er zu Hause an Neuorientierung der Landespolitik betreibt. Dabei werden die Uckermärker, die Prignitzer und Lausitzer auf die Metropole vor ihrer Haustür orientiert. Die ist für Platzeck das entscheidende Pfund für die Zukunft des ganzen Landes Brandenburg.

Dass sich ein Bundesland im Ausland zusammen mit der jeweiligen deutschen Botschaft jeweils zum Nationalfeiertag am 3. Oktober präsentiert, ist inzwischen Routine. Brandenburg war dieses Jahr an der Reihe und hat sich bewusst entschieden, die Einladung des Londoner Botschafters wahrzunehmen. Dieser Schritt in den Westen sollte auch ein Signal setzen. Fünf Tage lang gab es an der Themse eine Serie von Veranstaltungen unter dem Motto „Brandenburg meets Britain“. Manches davon war von trauriger Dürftigkeit und miserabel besucht. Einiges wiederum war skurril genug für die Briten – wie etwa ein Meeting mit einigen der englischen „Bird-Watchers“, den Vogelfans, die sich gar nicht genug satt sehen können an der gefiederten Vielfalt der Mark und ob der Großtrappen in helles Entzücken geraten. Und natürlich durfte auch das brandenburgische Programm gezielter Kontaktpflege für die heimische Wirtschaft nicht fehlen.

Aber es war wiederum kein Zufall, dass ausgerechnet eine Aufführung des Stummfilms „Metropolis“ zum Höhepunkt dieser Brandenburg-Tage wurde. Der Film von 1927 ist längst ein Klassiker und Weltkulturerbe, und natürlich als die Saga von der großen Stadt der Zukunft auch eng mit der Geschichte Berlins verbunden. Live begleitet vom Babelsberger Filmorchester begeisterte die Aufführung über 1500 Zuschauern im ausverkauften Barbican Center von London. Und bei der insgesamt gelungenen Vorstellung der gemeinsamen Medienaktivitäten wurde immer wieder diese Verbindung betont, die Kirstin Niehuus, die Chefin der Filmförderung im Medienboard, mit dem Satz umreißt: „Falls einige von ihnen Brandenburg nicht lokalisieren können – Berlin liegt mittendrin.“

Brandenburg betreibt schon seit einiger Zeit ganz unauffällig diese Berlin umarmende Außenpolitik. Im Mai dieses Jahres unterzeichnete Platzeck eine Kooperationsvereinbarung mit den Regionen Ile de France und Mazovien. Sie umfassen jeweils auch die französische Hauptstadt Paris beziehungsweise die polnische Kapitale Warschau, die ja anders als Berlin nur als Kommunen auftreten. Der brandenburgische Ministerpräsident sagt, alle diese Aktivitäten seien eng abgestimmt mit seinem Amtskollegen Klaus Wowereit (SPD) und ist sich sehr sicher, dass es dabei auch nicht zu Unstimmigkeiten kommt. „Wir verstehen uns als eine Region“, hört man von ihm wieder und wieder. Und Platzeck sieht in dieser Politik der allmählichen Annäherung an die deutsche Hauptstadt derzeit auch den einzigen Ausweg aus der verfahrenen Fusionsdebatte. Eines allerdings – und nicht nur bei schlechtem Wetter – gestehen die Brandenburger auch in London weiterhin ganz exklusiv der Großstadt in ihrer Mitte zu. Das für Touristen attraktive Nachtleben bleibt in ausschließlicher Berliner Kompetenz.

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