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Brandenburg: Die PDS hofft auf die SPD – und Schönbohm ist ratlos Die Sozialisten suchen nach einem Weg zu Rot-Rot, die CDU den Grund, warum Hartz IV ihr nicht hilft

Potsdam - „Eigentlich müsste ich sagen, es ist ungerecht, aber das sage ich nicht.“ Kein Zweifel, CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm ist von der jüngsten Meinungsumfrage geschockt – auch wenn er seine Ratlosigkeit nach außen überspielt.

Potsdam - „Eigentlich müsste ich sagen, es ist ungerecht, aber das sage ich nicht.“ Kein Zweifel, CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm ist von der jüngsten Meinungsumfrage geschockt – auch wenn er seine Ratlosigkeit nach außen überspielt. Erstmals müssten sich die Christdemokraten, würde jetzt der Landtag gewählt, mit Platz 3 und dürftigen 26 Prozent begnügen, abgeschlagen hinter PDS (29) und SPD (28). Dabei gewann die CDU die Kommunalwahl im Herbst, noch im März lag sie in einer Umfrage mit 34 Prozent klar vor SPD und PDS. Siegessicher verkündete Schönbohm damals sein Wahlziel: Die CDU wolle am 19. September stärkste Partei, er selbst Ministerpräsident werden.

Und nun der Absturz – trotz des für die CDU günstigen Bundestrends. Erklären kann das Schönbohm nicht: „Eigentlich ist im Sommer im Land nichts weiter passiert – außer Hartz IV.“ Dass der Unmut der Wähler die Union offenkundig stärker trifft als die SPD, kann er nicht nachvollziehen: „Ich weiß nicht, warum wir so verhartzt werden“, sagt er sarkastisch, zu verantworten habe Hartz IV doch die rot- grüne Bundesregierung. „Aber in Brandenburg ticken die Uhren eben anders.“

Oder liegt es vielleicht gar nicht an Hartz – ist es vielleicht eher die geringe Sympathie Schönbohms im Land? Nach der Umfrage würden bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten 59 Prozent der Brandenburger Platzeck, aber nur 17 Prozent Schönbohm wählen. Auffallend ist, dass selbst von den CDU-Anhängern nur jeder Zweite für ihren Spitzenmann votieren würde:. „Ich bin, wie ich bin“, sagt Schönbohm darauf lapidar. „Roland Koch fanden auch viele nicht gut – und haben ihn dann doch gewählt.“

Einen positiven Aspekt hält die Umfrage für Schönbohm aber doch bereit: „Rot-Rot rückt in weite Ferne.“ Er rechne jetzt mehr denn je mit einer Fortsetzung der großen Koalition. Tatsächlich läuft, falls die PDS die Landtagswahl gewinnen sollte, alles darauf hinaus. Das ist auch der Grund, warum bei den Sozialisten trotz der furiosen Umfragewerte die Stimmung verhalten ist. Denn Platzeck hat bereits erklärt, dass die SPD nicht als Juniorpartner der PDS in einer rot-roten Koalition zur Verfügung stünde.

Deshalb wird bei der PDS bereits spekuliert, ob man im Falle eines Wahlsiegs nicht auf den Ministerpräsidenten-Posten verzichten und Platzeck wählen sollte, um doch Rot-Rot zu erreichen. Das scheint nach der Umfrage sogar dem Wählerwillen zu entsprechen: Die PDS bekäme zwar die meisten Stimmen, aber die Mehrheit der Brandenburger, auch mancher PDS-Wähler, bevorzugt eine SPD-geführte Regierung unter Platzeck. Der schließt jedoch aus, sich „von Gnaden der PDS“ zum Regierungschef wählen zu lassen. Doch hier hoffen die Sozialisten noch auf den Unterschied zwischen Reden vor und Handeln nach der Wahl (siehe auch nebenstehendes Interview).

Die PDS steckt aber nicht nur landespolitisch im Dilemma. Auch manchen Strategen in der Bundespartei käme eine rot-rote Koalition in Brandenburg ungelegen, weil sie 2006 den Einzug in den Bundestag gefährden könnte. Schließlich, argumentieren sie, habe die PDS schon durch die Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern Stimmen eingebüßt. Für den PDS-Bundeschef Lothar Bisky, zugleich Fraktionschef in Brandenburg, ist das aber ein „Irrtum“: Rot-Rot in Berlin könne so abschreckend nicht sein, sonst läge die PDS in Brandenburg nicht vorn. Gleichwohl dauert der Strategiestreit an.

Bei so viel Sorgen der anderen gibt sich die SPD halbwegs gelassen: „Enkelmann wird es nicht, Schönbohm wollen die Brandenburger nicht“, tönt Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Wer Platzeck wolle, müsse ihn wählen. Doch weiß auch die SPD, wie labil die Stimmung im Land ist.

Michael Mara

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