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Brandenburg: Die Ufos des Führers

Neonazis schummeln obskure Annonce in Zeitung Gezielt Kinder und Jugendliche angesprochen

Von Frank Jansen

Königs Wusterhausen - Der Redakteur des Anzeigenblattes in Königs Wusterhausen dachte an nichts Böses. Ein seit Jahren als Kunde bekannter Finanzberater brachte eine größere Annonce, die auf der Titelseite des „KaWe Kurier“ geschaltet werden sollte. Der Anzeigentext klang harmlos: „Jeder Klick gewinnt – garantiert!“, außerdem wurde „für Kinder & Jugendliche doppelte Gewinnchance!“ versprochen. Mitten im Text stand eine ebenso harmlos klingende Internetadresse. Doch als der „KaWe Kurier“ die Ausgabe vom 29. März in der Region in zehntausende Briefkästen stecken ließ, gab es ein übles Erwachen.

Auf makabere Weise hat eine obskure Nazigruppe die „Gewinnchance“ genutzt. Die Internetadresse führt zu einer Homepage, auf der die Massenvernichtung der Juden durch das NS-Regime geleugnet wird. Präsentiert wird auch braune Esoterik. Allen Ernstes behaupten die Autoren der Homepage, das Dritte Reich lebe auf „Ufo-Geheimbasen“ fort. Den Leser umschwirren fliegende Untertassen.

Sie bringen die Botschaft, eine „schwarze SS“ habe unter der Führung Adolf Hitlers einen „geheimen Tochterstaat“ gegründet, der unter anderem im Bermuda-Dreieck und in Loch Ness weiterexistiert. Dies wird kombiniert mit antisemitischen und antidemokratischen Parolen sowie einer Verherrlichung Hitlers als Messias. In Polizeikreisen wird gewarnt: Da die Anzeige im „KaWe Kurier“ ausdrücklich Kinder und Jugendliche anspricht, sei zu befürchten, dass gerade sie in den braun-esoterischen Sumpf gezogen werden sollen. Inzwischen sind bei der Polizei in Königs Wusterhausen eine Anzeige und Beschwerden von Lesern des Gratis-Blattes eingegangen. Das Präsidium Frankfurt (Oder) hat den Vorgang zum Landeskriminalamt Thüringen weitergeleitet. Es ermittelt schon im Fall dieser Homepage, denn als Kontaktperson wird dort ein Mann aus Jena genannt.

Die Annonce beim „KaWe Kurier“ gab allerdings ein örtlicher Finanzmakler auf, der in den Rechtsextremismus abgedriftet ist. Der Mann hat das Anzeigenblatt hereingelegt. Als er die Annonce brachte, sei bei der Internetadresse ein Link zu einer unpolitischen „Blödsinnsseite“ geschaltet gewesen, sagte der „Staatsbürger des Dritten Reiches“ gestern dem Tagesspiegel. Erst am 29. März, als die Zeitung in einer Auflage von 43 000 Exemplaren verteilt wurde, war der Link zu den Nazi-Ufologen aktiviert. Und der Fanatiker raunt, weitere Tarn-Anzeigen könnten in anderen Blättern folgen. Wenn die Polizei ihn machen lässt – laut Präsidium Frankfurt wird gegen den Mann unabhängig vom aktuellen Fall schon wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, Amtsanmaßung und andere Delikte ermittelt.

Dem „KaWe Kurier“ ist die Sache peinlich. „Als wir uns am 28. März die Internetadresse angeguckt haben, sind wir noch auf einer Seite mit einem Sparschwein gelandet“, sagt Redaktionsleiter Ulrich Rochow. Er kündigt eine Richtigstellung an, mit der Überschrift: „Nazibraune Mogelanzeige“. Rochow betont, sofort nach den ersten Leserprotesten habe er die Polizei informiert. Rasch reagiert hat auch der Provider, der den Platz im Internet für die Homepage bereitstellte. Die Firma web.de prüft die Nazi-Seite noch während des Gesprächs mit dem Tagesspiegel – und schaltet sie ab.

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