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Brandenburg: Dioxinhaltiges Futter wurde auch nach Berlin geliefert Giftiges Grünmehl kam aus Trockenwerk in Niemegk Ursache unklar – 35 brandenburgische Agrarbetriebe überprüft

Potsdam / Niemegk. Der Kaninchenbraten könnte es in sich haben – und nicht nur der: Gestern wurde in einer Futterprobe in Brandenburg das in höheren Dosen krank machende Gift Dioxin festgestellt.

Von Sandra Dassler

Potsdam / Niemegk. Der Kaninchenbraten könnte es in sich haben – und nicht nur der: Gestern wurde in einer Futterprobe in Brandenburg das in höheren Dosen krank machende Gift Dioxin festgestellt. Bei Routine-Kontrollen auf einem Hof im Landkreis Potsdam-Mittelmark entdeckten die Prüfer das Futter, das eine Dioxin-Belastung von fünf Nanogramm je Kilogramm Trockenmasse aufwies. Die kritische Grenze liegt bei 0,75 Nanogramm. Schnell war klar, dass das belastete Futter aus einem Trockenwerk in Niemegk stammte. Betroffen ist nach offiziellen Angaben wahrscheinlich eine Menge von insgesamt 2000 Tonnen Grünmehl, die schon im vergangenen Jahr erzeugt wurde.

Wie der Tagesspiegel aus dem brandenburgischen Agrarministerium erfuhr, wurde das Futter auch an zwei kleinere landwirtschaftliche Betriebe in Berlin ausgeliefert. Die Berliner Senatsverwaltung erhielt gestern Mittag eine entsprechende Warnung aus Potsdam.

Die größten Mengen des belasteten Futters gingen seit Beginn dieses Jahres an 35 Höfe in Brandenburg. Betroffen sind auch Bayern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Wegen der überregionalen Bedeutung sind auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft sowie die obersten Behörden der betroffenen Länder über das Schnellwarnsystem der Europäischen Union über den Vorfall informiert worden.

Der Sprecher des brandenburgischen Agrarministeriums, Jens-Uwe Schade, sagte dem Tagesspiegel, dass keine unmittelbare Gefahr für die Verbraucher bestünde. Das Grünmehl werde als Beigabe unter das andere Futter gemischt, so dass sich die Konzentration des Giftes dabei stark verringere. Ob in Schweinefleisch, Eiern oder anderen tierischen Produkten überhaupt noch belastete Substanzen enthalten sind, sei fraglich. Man nehme die Kontrolle und die Ursachenforschung aber sehr ernst. Immerhin könne sich das Gift im menschlichen Körper anreichern, wenn dioxinbelastete Produkte über einen längeren Zeitraum verzehrt würden. Nach Meinung von Experten könnte das Dioxin vor allem für Kaninchen problematisch sein, wenn das Grünmehl in hoher Konzentration dem Futter beigefügt wurde.

Woher das Gift stammt, ist noch unklar. Gewiss ist nur, dass die Belastung beim Trocknungsprozess entstand. Bislang gäbe es keine Hinweise auf ein schuldhaftes Verhalten im Niemegker Werk, das mit polnischer Steinkohle betrieben wird. „Die Kohle galt bisher als unbedenklich“, sagte Jens-Uwe Schade: „Wir werden jetzt aber genau prüfen, ob möglicherweise ein zu hoher Salzgehalt der Kohle und eine Verkettung unglücklicher Umstände zu der hohen Dioxinbelastung geführt haben.“

Das Trockenwerk in Niemegk wurde sofort gesperrt – ebenso die Futtermittel in allen belieferten Betrieben. Kontrolleure nahmen Proben. Notschlachtungen sind nur erforderlich, wenn das Futter dort schon verwendet wurde und in den Tieren nachgewiesen werden kann.

In Brandenburg hatte es bereits im Jahr 1999 einen Dioxinfall gegeben. Auch damals war der Auslöser Grünmehl gewesen. Es stammte allerdings aus Futtermittelwerken, in denen belastete Holzschnitzel zur Trocknung verwendet wurden.

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