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Brandenburg: Doppelt feiert besser

Die Lausitz freut sich mit Energie Cottbus über den Klassenerhalt. Potsdam gratuliert den Turbine-Fußballerinnen zum Uefa-Pokal

Von Sandra Dassler

Cottbus/Potsdam – Merci, Saarbrücken! Die Cottbuser Oberbürgermeisterin Karin Rätzel wird ihrem Kollegen im Saarland heute wohl ein Dankschreiben senden. Schon zu DDR-Zeiten schlossen die beiden Städte eine Partnerschaft. Gestern hat sie sich auf ganz besondere Weise bewährt: Die Fußballer vom 1. FC Saarbrücken erreichten am letzten Spieltag der 2. Bundesliga ein Unentschieden gegen Eintracht Trier – und retteten damit Energie Cottbus vor dem Abstieg.

Die Cottbuser Innenstadt war zumindest Sonntagnachmittag menschenleer. Nur in den Gaststätten, die Großleinwände oder Fernsehgeräte aufgestellt hatten, bangten viele Fans mit ihrer Mannschaft, die meisten anderen verfolgten das Geschehen an den Fernseh- und Radiogeräten Zuhause. Am Ende war die Erleichterung eben so groß wie die Enttäuschung, dass die Cottbuser in Karlsruhe verloren und den Klassenerhalt nicht aus eigener Kraft geschafft hatten. Aber wie alle wahren Fußballfans trösteten sich die Lausitzer schnell: „Vor einem Jahr hatten wir viel Pech und sind nicht aufgestiegen. Diesmal hatten wir eben so viel Glück, dass wir nicht absteigen mussten“, kommentierte ein 20-Jähriger die Zitterpartie.

Harry Patzig, Geschäftsführer eines Cottbuser Finanzdienstleistungsunternehmens, sieht das ähnlich. „Hauptsache, wir bleiben im bezahlten Fußball“, sagt er: „Das ist so wichtig für die ganze Region. Der Verein hat dazu beigetragen, Cottbus im In- und Ausland bekanntzumachen. Das erleichtert den Zugang zu Investoren und Geschäftspartnern.“

Michael Stein, den viele wegen seiner Statur nach dem Ex-Manager von Leverkusen den „Calmund von Cottbus" nennen, wird diesen Sonntagnachmittag so schnell nicht vergessen. Der 49-Jährige wurde erst in der vergangenen Woche zum neuen Präsidenten von Energie gewählt. „Was das Vereinsmanagement angeht, haben wir damit einen Neuanfang geschaffen“, sagte er nach dem gestrigen Spiel. „Nun muss uns der auch auf dem Rasen gelingen.“ Die Voraussetzungen seien gut: Gekürzte oder verspätete Gehaltszahlungen für die Spieler soll es unter der neuen Führung nicht mehr geben, verspricht Präsident Stein. Mit Trainer Petrik Sander verstünden sich viele besser als mit dem als „Schleifer" berüchtigten Ex-Coach Eduard Geyer. Verteidiger Benjamin Schökel soll wegen Sander sogar ein Angebot aus Rostock abgelehnt haben. Und eins bescheinigten alle Lausitzer Fußballfans ihrer Mannschaft: „Gekämpft haben die Jungs in Karlsruhe.“

Während der Jubel in der Lausitz trotz allem eher verhalten blieb, feierte die brandenburgische Landeshauptstadt bereits am Sonnabend ihre Fußballheldinnen ausgelassen mit Autokorsos und Hupkonzerten. Fangesänge empfingen die Spielerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam gut zwei Stunden nach dem Gewinn des Uefa-Pokals auf dem Balkon des Potsdamer Rathauses. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der für das Finale den eigenen Parteitag „schwänzte“, sprach von Fußballgeschichte, die Turbine geschrieben hätte. „Vor allem Trainer Bernd Schröder habe ich diesen Sieg gewünscht.“ Glückwünsche kamen auch von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) schätzte sich glücklich, „solch ein städtisches Aushängeschild“ zu haben. Der Dank dafür: ein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Der Vater des Erfolgs, Bernd Schröder, war angesichts der mannigfaltigen Dankesreden und Glückwünsche den Tränen nah. Für den jahrzentelangen Frauenfußball-Kämpfer ging mit dem Gewinn des Uefa-Pokals ein Traum in Erfüllung.

Mit heiserer Stimme dankte Mannschaftskapitänin Ariane Hingst vom Rathausbalkon den Fans. Und Trainer Schröder hing sich weit aus dem Balkon-Fenster: „Nach dem Uefa-Halbfinale versprach ich euch den Europapokal. Jetzt verspreche ich euch den DFB-Pokal am kommenden Sonnabend.“ Dann spielen Europas beste Fußballerinnen im Olympiastadion gegen den Erzrivalen 1. FFC Frankfurt.

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