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Brandenburg: Ein Gespräch und zwei Erinnerungen

Ex-DDR-Innenminister Diestel und Liedermacher Biermann streiten seit Jahren.HeutekönnteeinUrteilfallen

Potsdam. Das Gespräch liegt schon 16 Jahre zurück, weshalb einer der beiden ja auch irren könnte. Aber der damalige DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel (53) und Liedermacher Wolf Biermann (68) erinnern sich noch bestens: Über Stasi-Immobilien und Stasi-Akten habe man sich unterhalten, und über Diestels gestählten Körper. Bloß: Biermann sagt, dass seine Frau bei der etwa einstündigen Unterredung in Diestels Ministerbüro zugegen gewesen sei. Diestel dagegen sagt: Biermann war alleine bei mir. Einer der beiden lügt also.

Seit Jahren streiten der Barde und der Bodybuilder deswegen. Nun droht Diestel eine Gefängnisstrafe. In einem Zivilprozess gegen Biermann 2001 soll er drei Zeugen zur Falschaussage angestiftet haben. An diesem Montag könnte das Urteil fallen. 1998 nahm der Zwist seinen Ausgang. In einer Talkshow gab Biermann einen angeblichen Satz Diestels aus dem Gespräch von 1990 wie folgt wieder: Er habe sich gerade ein „günstiges“ Haus aus Stasi-Beständen besorgt und könne auch Biermann eines beschaffen. Diestel – der seiner Behörde 1990 tatsächlich preiswert eine Immobilie abkaufte, die er 1994 zurückgeben musste – bestritt diese Darstellung und verklagte Biermann. Der berief sich wiederum auf seine Frau. Im Prozess bot der Jurist Diestel seinen früheren Büroleiter und zwei Leibwächter als Zeugen auf. Nach zweijährigen Ermittlungen glaubt die Staatsanwaltschaft Potsdam genügend Hinweise zu besitzen, das Trio der Falschaussage überführen zu können.

Der erste Verhandlungstag am Dienstag zog sich über mehr als zwölf Stunden hin. Während der mehrstündigen Zeugenaussage Biermanns wurde eine tiefe persönliche und politische Abneigung gegenüber Diestel deutlich. Diestel und die drei Mitangeklagten blieben dabei: Biermann sei im Juli 1990 ohne Frau gekommen. Ein früherer Volkspolizist erklärte hingegen, er habe die Biermanns im Ministerium bis ins Vorzimmer Diestels geführt. An Biermanns Frau könne er sich genau erinnern, „weil sie so schön war, das habe ich dem Biermann gar nicht zugetraut“. Eine frühere Sekretärin Diestels sagte ebenfalls aus, Biermann sei mit seiner Frau erschienen. Eine andere Sekretärin berichtete, dass Pamela Biermann vor ein paar Jahren „mindestens zweimal“ angerufen habe, um sie nach den Möbeln des Diestel-Vorzimmers zu befragen.

Der Staatsanwalt wollte die Biermanns vereidigen lassen. Diestels Verteidiger, Johann Schwenne überzeugte den Richter, darauf zu verzichten. Er deutete an, den entscheidenden Beweis in der Hinterhand zu haben und die Biermanns vor einem Meineid bewahren zu wollen. „Das ist kein Bluff“, sagte Schwenne. Was sich heute zeigen wird.

Heinz-Roger Dohms

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