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Brandenburg: Ein Weg im Wasser

Der Streit am Griebnitzsee geht in eine neue Runde In Konstanz wurde ein ähnlicher Fall originell gelöst

Potsdam/Konstanz - Bei ihrem Vorhaben, den umstrittenen Uferweg am Griebnitzsee dauerhaft für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen, ist die Stadt Potsdam einen Schritt weiter. Nächste Woche sollen den Stadtverordneten 63 Änderungsvorschläge der Stadtplaner für den Uferweg-Bebauungsplan vorgelegt werden. Der Uferweg ist seit Jahren umstritten: Die Stadt kämpft für das Recht der Öffentlichkeit, hier spazieren zu gehen, die Grundstückseigentümer für ihren ungehinderten Seezugang. Nach der Entscheidung der Stadtverordneten über die Änderungen wird der Plan erneut ausgelegt. Ende des Jahres könnte die Stadtverordnetenversammlung den Bebauungsplan endgültig beschließen. Doch vermutlich zieht sich die Sache noch länger hin: Es könnte es Klagen vor Gericht geben.

Eine andere Stadt – Konstanz am Bodensee – hatte vor Jahren ein ähnliches Problem. Und hat es gelöst, auf durchaus originelle Weise. Am Konstanzer Hafen, im Stadtgarten und unter den Platanen der Seestraße konnten die Spaziergänger seit je entlangschlendern. Wer aber die ganze Konstanzer Bucht am Seeufer erlaufen wollte, stand bald vor einem Zaun mit der Aufschrift „Privatgelände“. Grundstücke um das Anwesen des Industriellen, NS-Reicharbeitsführers und späteren Arbeitgeberpräsidenten Hans Constantin Paulssen versperrten den Blick auf Alpen und See. Die Spaziergänger mussten auf weniger attraktive Wege „hinter die Häuser“ ausweichen, weshalb wohl der entsprechende Stadtteil auch „Hinterhausen“ genannt wird.

Die Stadt wusste schon, dass die Grundstückseigentümer freiwillig keinen Quadratmeter für einen öffentlichen Weg durch ihre Badestellen abgeben würden. Der Weg über eine Enteignung galt als mühsam und voller juristischer Fallstricke. So kam die Stadtverwaltung auf eine durchtriebene Idee: Die Grundstücksgrenzen waren festgelegt. Also musste man einfach vor den Grundstücken Erde aufschütten. So entstand ein Uferstreifen, auf dem der gewünschte Weg angelegt werden konnte.

Als Erstes ließen die Stadtväter die Muskeln gegenüber der Witwe des Dichters Wilhelm von Scholz, Sohn ehemaligen preußischen Finanzministers Adolf von Scholz, spielen. Die kleine Bucht vor ihrer Villa sollte zugeschüttet werden. Die Dame ging vor Gericht, durch alle Instanzen – und unterlag. Der Uferausbau greife nicht in das vom Grundgesetz geschützte Eigentum der Klägerin ein und stelle auch „keinen enteignungsähnlichen Eingriff“ dar, befanden die Verwaltungsrichter im Jahr 1975.

Mit dem richterlichen Freibrief in der Tasche machte sich die Stadt an die Planung weiterer Abschnitte. Dabei galt es auch, Widerstand von Umweltschützern zu überwinden: Sie sorgten sich um die Flachwasserzone und die Strömungsverhältnisse im See. 1986 dann war der drei Meter breite Uferweg auf fünf Kilometern fertiggestellt.

Werner Schwarzwälder

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