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Brandenburg: Erst freigelassen, dann gleich wieder verhaftet

Der Hauptverdächtige der Attacke von Potsdam soll sich selbst belastet haben. Deshalb musste er am Mittwoch zurück ins Gefängnis

Von Frank Jansen

Karlsruhe/Potsdam - Im Fall des in Potsdam schwer verletzten Ermyas M. folgt eine Überraschung auf die andere. Nachdem der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Dienstag unerwartet die Haftbefehle gegen die beiden Tatverdächtigen aufgehoben hatte, wurde am Mittwoch der Beschuldigte Björn L. wieder ins Gefängnis gebracht. Hauptgrund sei die belastende Aussage eines Zeugen aus der Haftanstalt Wulkow (bei Neuruppin), hieß es gestern in Sicherheitskreisen. Björn L. habe gegenüber einem Mithäftling geäußert, „hätte ich doch mal richtig reingetreten“. Zwei weitere Zeugen sollen dies bestätigt haben – allerdings nur vom Hörensagen in der Haftanstalt. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof erließ einen Haftbefehl gegen Björn L. wegen des dringenden Tatverdachts der gefährlichen Körperverletzung und des einfachen Tatverdachts auf versuchten Mord. So hatte auch der Tenor des alten Haftbefehls gelautet. Der zweite Beschuldigte, Thomas M., bleibt auf freiem Fuß. Beide Männer bestreiten, etwas mit der Tat zu tun zu haben.

Der Verteidiger von Björn L. bezweifelt, dass sein Mandant die belastende Äußerung von sich gegeben habe. Björn L. sei laut Anordnung des Haftrichters von jeglichem Kontakt mit anderen Häftlingen ausgeschlossen gewesen, sagte Anwalt Veikko Bartel dem Tagesspiegel. Seltsam sei auch, dass der Mann, der den Spruch gehört haben will, sich jetzt nicht mehr in Haft befindet. Bartel wird nun beantragen, dass Björn L. schon in der kommenden Woche dem Haftrichter am Bundesgerichtshof erneut vorzuführen ist.

Der Deutschäthiopier Ermyas M. war in der Nacht zu Ostersonntag, wie berichtet, nahe dem Potsdamer Bahnhof Charlottenhof lebensgefährlich verletzt worden. Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte die Ermittlungen an sich gezogen. Die Umstände der Tat sind noch nicht in allen Details geklärt. Die Ermittler gehen bislang davon aus, dass Ermyas M. einen wuchtigen Faustschlag gegen den Kopf erhielt. Dabei splitterte ein Schädelknochen. Den Schlag könnte Björn L. versetzt haben. Nach Ansicht des Generalbundesanwalts ist die hohe Stimme von Björn L., den seine Freunde „Piepsi“ nennen, auf der Mobilbox des Telefons der Frau von Ermyas M. zu hören. Die Mobilbox hatte in der Tatnacht bei einem Anruf von Ermyas M. einen Wortwechsel zwischen dem Deutschäthiopier und zwei Männern aufgezeichnet. Zu hören sind rassistische Beleidigungen wie „Scheißnigger“.

Ermyas M. ist inzwischen wieder in der Lage, einfache Gespräche zu führen. Bei einer Befragung durch die Polizei am Montag konnte er sich jedoch nicht an das Tatgeschehen erinnern. Der Gedächtnisverlust war offenbar ausschlaggebend für die Entscheidung des Richters am Bundesgerichtshof am Dienstag, Björn L. und Thomas M. aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Generalbundesanwalt Kay Nehm legte daraufhin Beschwerde gegen die Aufhebung der Haftbefehle ein. Derselbe Richter am Bundesgerichtshof erließ dann am Mittwoch wieder einen Haftbefehl gegen Björn L.

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