zum Hauptinhalt

Brandenburg: Familienmensch und beliebter Chef Von der Schiene auf die Straße Schaffe, schaffe – Häusle baue Schönefeld – die endlose Geschichte Rücktritt am Geburtstagsfest

Zehn Jahre lang war Hartmut Meyer Bau- und Verkehrsminister im Potsdamer Kabinett. Jetzt will er nicht mehr, hörten 150 überraschte Gäste

DER DIENSTÄLTESTE MINISTER BRANDENBURGS RÄUMT SEINEN STUHL

Verkehrsminister Meyer – im oberen Foto mit dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff, bei der Eröffnung der Ostseeautobahn A 20 im Dezember 2001 – setzte vor allem auf den Straßenbau. Sein Ziel war die Verbesserung der Infrastruktur. Umweltschützer kritisierten das als einseitig: Viele Umgehungsstraßen würden die Natur zerstören. Zahlreiche Bahnstrecken im Land seien stillgelegt worden.

Wer Hartmut Meyer – hier mit seiner Frau Gertrud – kennt, weiß, dass er sich schon seit längerem gewünscht hat, mehr Zeit für die Familie zu haben. Im Verkehrsministerium flossen hingegen Tränen, als der Rücktritt des Ministers am gestrigen Donnerstag bekannt wurde. Denn Meyer war als Vorgesetzter sehr beliebt. „Wir wussten zwar, dass er aufhören will. Dass es aber so schnell geht, haben wir nicht erwartet“, sagte eine Mitarbeiterin.

Bauminister Meyer war nicht der Einzige, der zu spät erkannte, dass die gigantischen Förderprogramme für den privaten Wohnungsbau in Ostdeutschland zwar zunächst die Konjunktur belebten, später aber zum Veröden der Innenstädte führten. Wer konnte, zog ins eigene Heim ins Grüne. Die Plattenbausiedlungen entwickelten sich zu sozialen Brennpunkten – ein Problem, das Meyer seinem Nachfolger hinterlässt.

Der Bericht über die Anhörung von Einwendern und Betroffenen des Großflughafens Berlin-Brandenburg International, den Meyer im Juli 2002 zu lesen bekam, war 540 Seiten dick (Foto). Trotz der massiven Kritik der Flughafengegner am Planfeststellungsverfahren und trotz der immer wieder verschobenen Termine hielt der Minister an Schönefeld fest. Texte:Sandra Dassler; Fotos: Herrmann, dpa, ddp, Glaser, Zentralbild

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Nach dem überraschenden Rücktritt von Bau- und Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) soll der bisherige Bildungs-Staatssekretär Frank Szymanski (SPD) sein Nachfolger werden. Dies kündigte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Donnerstag während eines Aufenthalts in Warschau an. Szymanskis Nachfolger soll der langjährige Sprecher des Bildungsministeriums, Martin Gorholt, werden.

Meyer hatte seinen Rücktritt zur Überraschung aller auf dem offiziellen Empfang zu seinem 60. Geburtstag in Potsdam erklärt. Er begründete seine Entscheidung mit persönlichen Gründen: Er denke, dass zehn Jahre im Amt – Meyer war dienstältester Minister im Potsdamer Kabinett – „genug sind“. Meyer war einer der profiliertesten und bekanntesten Minister der SPD. Schon seit längerer Zeit hieß es in seinem Umfeld, dass er in die Wirtschaft wechseln wolle. Vertreter aus Politik und Wirtschaft bedauerten seinen Rücktritt.

Einen Wechsel in die freie Wirtschaft wollte Meyer gestern nicht bestätigen. Er betonte aber, dass er „kein Versorgungsfall“ werde. Er habe seine Entscheidung schon vor geraumer Zeit gefällt, sagte Meyer vor rund 150 Gästen. Sie sei ihm schwer gefallen und habe bei Regierungschef Platzeck „keine Freude ausgelöst“. Doch habe dieser sein Rücktrittsgesuch schließlich akzeptiert. Tatsächlich galt Meyer als amtsmüde. Dem Vernehmen nach hat er bereits nach dem Ausscheiden von Ministerpräsident Stolpe vor gut einem Jahr seinen Rücktritt angeboten – kam dann jedoch der Bitte des neuen Regierungschefs Platzeck nach, im Amt zu bleiben.

Platzeck sagte dem Tagesspiegel, Meyer habe ihm gegenüber schon lange kein Hehl daraus gemacht, dass er die Zeit um seinen 60. Geburtstag als günstige Gelegenheit für einen Abschied ansehe. Daher sei der Zeitpunkt für ihn auch nicht überraschend gekommen. Sein Verhältnis zu Meyer sei sehr gut, er habe in den letzten Wochen wiederholt mit ihm die „Feinplanung“ des Rücktritts besprochen und die Nachfolge geregelt. Allerdings ist in Regierungskreisen schon lange bekannt, dass es zwischen Meyer und Platzeck Spannungen gab. Der Regierungschef würdigte Meyers Verdienste um den Aufbau der Infrastruktur in Brandenburg. Kaum ein Ministerkollege auch außerhalb Brandenburgs könne auf eine so lange und erfolgreiche Amtszeit verweisen.

Tatsächlich wurde es für den „Überlebenskünstler“ Meyer nur einmal eng: Anfang 1998 kam heraus, dass er von 1991 bis 1995 sein Wahlkreisbüro in einem Wriezener Baubetrieb kostenlos nutzen konnte, weil er dem Aufsichtsrat der Firma angehörte. Dennoch hatte Meyer insgesamt rund 75 000 Mark kassiert – eine Pauschale, die ihm als Landtagsabgeordneter für das Wahlkreisbüro zustand. Vorwürfe, er habe die Wriezener Firma im Gegenzug durch Fördergelder bevorzugt, bestritt Meyer, doch auf Druck der SPD-Fraktion zahlte er das Geld zurück.

Dass sein jetziger Rücktritt kurz vor den Kommunalwahlen der SPD schaden könnte, wies Meyer gestern zurück. „Ich will glaubwürdig sein und zeigen, dass Politiker auch Macht lassen können.“ Um der SPD zu helfen, brauche er kein Amt. Bis zum Ende der Legislaturperiode will Meyer sein Landtagsmandat behalten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false