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© Thomas

Griebnitzsee: Wachschutz sperrt Spaziergänger aus

Der Streit um einen öffentlichen Uferweg am Potsdamer Griebnitzsee hat sich gestern dramatisch zugespitzt: Anlieger engagierten einen Wachdienst, der Spaziergänger abweist.

Potsdam - Rund ein Dutzend Eigentümer von Seegrundstücken sperrten morgens um 6 Uhr den Uferweg ab. Sie spannten an ihren Grundstücksgrenzen rot-weißes Flatterband und beauftragten einen privaten Sicherheitsdienst damit, Spaziergänger abzuweisen. Die Sicherheitskräfte drohten Passanten mit Strafanzeigen und forderten die Herausgabe der Personalien. Zeitgleich machten erstmals Griebnitzsee-Anrainer deutlich, dass sie den öffentlichen Uferweg komplett ablehnen: „Ein Zusammenschluss von Bürgern der Stadt Potsdam wehrt sich gegen die dauerhafte Begehbarkeit des Uferwegs durch die Öffentlichkeit“, heißt es in einer Erklärung.

„Damit ist eine neue Eskalationsstufe erreicht“, sagte gestern Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Die Stadt werde „mit allen gebotenen Mitteln versuchen“, den beliebten Weg an der Kleinen Wannseekette wieder frei zu machen. Dazu seien gestern Ordnungsverfügungen erlassen worden. Danach müssen die Anrainer bis heute um 12 Uhr die Sperren beseitigt und den Wachdienst abziehen. Dass dies geschieht, ist jedoch unwahrscheinlich: Man werde mit zwölf Mann rund um die Uhr vor Ort bleiben und die Sperrung trotz Ordnungsverfügung aufrechterhalten, sagte Sicherheitsdienst-Mitarbeiter Bernd Müller, nach eigenen Angaben Bevollmächtigter von sieben Grundstückseigentümern.

Oberbürgermeister Jakobs lehnte es gestern dennoch ab, die Sperrungen unverzüglich entfernen zu lassen - anders als vor drei Jahren, als er sofort Bagger anrollen ließ, nachdem der Uferweg von einigen Grundstückseigentümern mit Presslufthämmern zerstört worden war. Offenbar seien dieselben Anrainer an der gestrigen Aktion beteiligt, sagte Jakobs. Es sei damit zu rechnen, dass sie heute gegen die Ordnungsverfügung der Stadt vor das Verwaltungsgericht ziehen. Dieses müsse entscheiden, ob die Stadt die Sperren abräumen kann. Wann dies passiert, konnte Gerichtssprecher Ralf Leithoff gestern nicht sagen. Stadt-Justitiar Uwe Munzel rechnete frühestens am morgigen Mittwoch mit einer Eilentscheidung des Gerichts – bis dahin bleibe der Weg wohl gesperrt. Jakobs betonte, die Stadt setze im Uferweg-Streit weiterhin auf eine „saubere juristische Lösung“. Zugleich schloss er Enteignungen nicht aus: „Zur Not müssen wir diesen Weg gehen.“ Seien Anrainer nicht kompromissbereit, werde es Enteignungsverfahren geben und die Stadt werde Entschädigungen zahlen. Voraussetzung dafür sei ein gültiger Bebauungsplan; diesen sollen die Potsdamer Stadtverordneten noch in diesem Jahr beschließen.

Hintergrund des Konflikts am Griebnitzsee sind teilweise ungeklärte Eigentumsverhältnisse und der rechtliche Status des Uferwegs. Er verläuft auf dem ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenztruppen - und somit über 34 Grundstücke, die im Nationalsozialismus oder im Zuge des Mauerbaus enteignet worden waren. Den heutigen Eigentümern gehört seit der Rückübertragung die komplette Grundstücksfläche und damit auch der Uferweg. Die übrigen 50 Uferstreifen-Grundstücke sind mehrheitlich im Besitz des Bundes, und zu einem kleinen Teil gehören sie der Stadt Potsdam.

Die Stadt vertritt den Standpunkt, dass es sich um einen öffentlichen Weg handelt. Mit einigen Anrainern hat sie Kompromiss-Verträge geschlossen - darunter sind allerdings auch Eigentümer, die gestern den Weg sperrten.

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